INTERVIEW MIT DARKSIDE


Das Vorab-Tape zur neuen Scheibe der Österreicher DARKSIDE konnte mich mächtig überzeugen (siehe Review Ausgabe 13), daher wollte ich ein wenig "nachbohren". Mastermind Wolfgang "Sü" Süssenbeck hatte zum Glück nichts dagegen und antwortete recht ausführlich!

Lugi: Die Band hat neue Mitglieder, die neue Scheibe ist im Kasten und ich durfte schon mal ein Ohr riskieren. Täuscht es mich, oder liegt es echt an dem "neuen Wind", dass "Cognitive Dissonance" so anderes wie alle anderen DARKSIDE-Outputs klingt?

Sü: Nun, seit „Evolution“ hat sich viel in dieser Band verändert, sodaß die neuen Mitglieder sicherlich einen großen Anteil am „neuen“ Sound von DARKSIDE haben. Auch haben wir uns wieder ein bißchen mehr von unserem Faible für das Ungewöhnliche leiten lassen. Wir haben beim Komponieren teilweise mit subtilen Dissonanzen gearbeitet, die den meisten wahrscheinlich gar nicht auffallen, wir haben uns ein bißchen von Zwölftonmusik oder aber auch Klaus Doldinger inspirieren lassen, und versucht, diverse Elemente ansatzweise in unsere Kompositionen einfließen zu lassen. Wenn aber jetzt jemand sagen würde, er hört diese Dissonanzen, dann macht er sich gleich doppelt lächerlich, denn erstens haben wir das mit diversen „Ghost-notes“ kompensiert, das sind Töne, die Du im Einzelnen nicht hörst, die aber durch ihr Vorhandensein die Schärfe aus gewissen Disharmonien nehmen, und zweitens werden bei den Songs gewisse Harmonien erst durch das Zusammenspiel von vier Instrumenten erzeugt, die herauszuhören, absolut unmöglich ist. Auch diese Vorgansweise steht wahrscheinlich in krassem Gegensatz zu dem, wie sich andere Leute die Entstehung von Musik vorstellen. Es haben sich ja mittlerweile auch schon einige lustige Kritiker damit hervorgetan, auf diese Dinge hinzuweisen, nur eben unter vollkommen falschen Prämissen. Als Mitte 1999 unser Drummer Roach die Band verließ, gerade mal 6 Wochen vor einem ziemlich wichtigen Gig am tschechischen Dynamo Festival, da war guter Rat teuer. Wir haben schließlich Bernd zu uns geholt, der trotz unglaublich kurzer Zeit einen hervorragenden Einstand bei dieser Show hatte. Bernd ist mit Sicherheit dafür verantwortlich, daß die neuen Tracks um einiges aggressiver und schneller ausgefallen sind, als das vorher bei DARKSIDE der Fall war. Seine erste richtige Feuerprobe alias neuer DARKSIDE Drummer bestand Bernd aber bei den Aufnahmen zur Queensryche-Coverversion „Someone Else“, wo uns unter anderem Martina von ALAS gesanglich unterstützt hat. Sofort nach dem Sommer begannen wir, neue Songs zu schreiben und hatten im März 2000 eigentlich unser Album fertig, also gingen wir zwecks Pre-production ins selbe Studio, in dem wir schon „Evolution“ aufgenommen hatten. Unsere Ansichten bezüglich des neuen Materials unterschieden sich aber so sehr von denen des Produzenten, daß wir es vorzogen, nach einem anderen Studio zu suchen. Im Herbst 2000 kam es dann zum Bruch zwischen uns und Peter, unserem Sänger und Gitarristen, was zur Folge hatte, daß wir erst mal das vorhandene Material gründlich sondierten und bis auf drei Songs entweder begannen, es umzuarrangieren, oder gleich neue Songs zu schreiben. Zu Jahresende hatten wir dann die 10 vorliegenden Tracks fertig und schickten unserem neuen Gitarristen Paste von den tschechischen Trashern COLP eine Cd mit den Grundsongs. Der hatte gerade mal 2 Monate Zeit, sich die Nummern herunterzuhören und seine Gitarren dazu zu machen. Gemeinsames Arbeiten war wegen der Entfernung und dem Zeitdruck nicht möglich, also war Paste ziemlich auf sich alleine gestellt, was aber seiner Kreativität keinen Abbruch getan hat, denn wie man sich überzeuge kann, hat er ganze Arbeit geleistet und läßt mit seinen Riffs und Soli Heerscharen von Gitarristen oder solche, die sich dafür halten, ziemlich alt aussehen. Der gute Mann kann einfach alles erdenkliche spielen, nichts ist ihm fremd oder zu minder und er stellt sich immer in den Dienst der ganzen Band. Live verstärkt uns Radek Hajda von SILENT STREAM OF GODLESS ELEGY, die ja im Vorjahr in ihrem Land einen Grammy als beste Alternative Rock/MetalBand einheimsen konnten, an dem ich als Co-Textautor auch einen kleinen Beitrag leisten durfte. Übrigens auch Peter Durst, unser ehemaliger Sänger, der bei einer der besten Nummern auf jenem Album die Lead Vocals übernommen hatte.

Lugi: War es auf Grund des Ausstieges von Herrn Durst, dass Du die Vocals nun ganz übernommen hast, oder war es insgeheim schon immer Dein "größter Wunsch"?

Sü: Nein, im Gegenteil. Nach Peters Ausstieg hatte ja ursprünglich unser Bassist die Vocals übernommen und so wurde das Album auch im März 2001 aufgenommen. Bei den darauffolgenden Live-Shows war aber Peter (Böhm, bass) ziemlich unglücklich, weil er fürchtete, daß sein Bass-spiel unter der Doppelbelastung zu sehr leiden würde, also mußten wir wohl oder übel eine andere Lösung finden. Im Endeffekt war dann die Entscheidung zu meinen Gunsten die einfachste, weil ich ja schon in der Vergangenheit viele Backing Vocals bei DARKSIDE übernommen hatte und außerdem vor meiner Zeit bei DARKSIDE bei diversen anderen Bands den Posten des Frontmannes innehatte. Prinzipiell wollten wir eigentlich nur die Gesangsspuren im Studio noch einmal neu aufnehmen, was aber durch das Löschen der Harddisc unmöglich geworden war, also nahmen wir das ganze Teil kurzerhand Ende Juli noch mal auf, was im Endeffekt sogar noch zum Vorteil mutierte, da wir im Vergleich zur ersten Version noch an einigen Arrangements arbeiten und noch einige Verbesserungen anbringen konnten, was sich vor allem im Gesamtsound bemerkbar macht. Peter ist auch noch der Überzeugung, daß meine Stimme vielleicht noch einen Tick besser zum Gesamteindruck passt, wobei ich wiederum finde, daß die Version mit seiner Stimme doch etwas rauher und härter klingt. Im großen und ganzen bin ich aber sehr stolz auf das Album und auf die Leistung aller Beteiligten.

Lugi: Wann wird das Teil jetzt endlich erscheinen? Die Release-Party im Planet Music wurde ja verschoben. Was waren die Gründe? Die letzte Scheibe liegt ja jetzt auch schon ein Weilchen zurück.

Sü: Das Album erscheint europaweit am 3. Dezember, soweit das die jeweiligen Vertriebe hinbekommen, in Nordamerika und Japan erscheint die Scheibe erst im Frühjahr 2002. Durch das oftmalige Verschieben des Release Dates wurde auch das Verschieben der Tour mit NO RETURN notwendig, die aber sicher im Frühjahr nachgeholt wird.

Lugi: Wer übernimmt bei euch eigentlich das Songwriting?

Sü: Prinzipiell kommen die Grundideen zu allen Songs von unserem Bassisten, er ist also sozusagen für das Songwriting verantwortlich. Er arbeitet alle Songs gemeinsam mit dem Drummer aus, erst dann stoße ich dazu und versuche gemeinsam mit Peter Harmonien über das vorhandene Rhythmusskelett zu legen. Natürlich ändern sich dann noch manche Teile, aber das Grundkonzept steht eigentlich. Erst danach kommen die Gitarristen an die Reihe. Sobald alles instrumental fertig ist, beginne ich, erste Textfragmente zu schreiben, wobei ich versuche, hauptsächlich die Stimmungen des Songs einzufangen und die Lyrics dementsprechend zu gestalten. Sobald dann die Texte anfangen, Gestalt anzunehmen, versuche ich gemeinsam mit Peter Refrains herauszuarbeiten und wir beginnen mit den endgültigen Arrangements. Den letzten Touch bekommen die Tracks aber prinzipiell erst im Studio.

Lugi: Schreibst Du die Texte? Wovon handeln sie ?

Sü: Für die Texte bei DARKSIDE zeichne ich selbst mich verantwortlich und auch hier hat sicherlich die Entwicklung meiner eigenen Person das Schreiben beeinflußt. Während ich früher ziemlich sozialkritische Texte verfaßt habe, hat sich mein Augenmerk nun vielmehr auf die spirituelle Seite des Lebens gewandt und daher beziehe ich meine Einflüsse auch aus völlig anderen Quellen. Einer der Einflüsse, die mich seit vielen Jahren begleiten, ist der österreichische Expressionist Georg Trakl, dessen Lyrik mich immer wieder mal zu einem Text inspiriert hat, weil er eine ganz eigene Art hat, Dinge zu sehen und zu beschreiben. Er verwendet unglaublich viele Metaphern in seinen Werken, noch dazu ist die Grundstimmung all seiner Gedichte sehr düster, unheilsschwanger und immer am Rande, ins Nichts abzustürzen, Tod, Verderben und Verwesung zu bringen. Natürlich finden sich unter meinen Einflüssen auch Mainstream Autoren wie Crowley, Nietzsche oder Lovecraft, wie anhand des neuen Albums nur unschwer zu erkennen ist (The Fallen, Mechanical Landscape, Legend Of The Gods), aber auch die Beschäftigung mit Psychologie und Philosophie schlägt sich immer wieder in den Texten nieder. Eines meiner Hauptinteressen gilt Literatur über Okkultismus, Magie, aber auch zeitgeschichtliches Material finde ich sehr interessant und weiters habe ich ein Faible für die Werke von Van Helsing, Farkas, Sordo und auch Charles Bukovski gehört zu meinen Lesequellen. Ich beschäftige mich auch viel mit italienischer Literatur und aufgrund unserer engen Beziehung zu Tschechien auch mit Literatur aus unserem nördlichen Nachbarland. Ein weiterer Anstoß zu Texten ist meine ganz persönliche, äußerst ausgeprägte Abneigung gegen die katholische Kirche und ihre Machenschaften. Aber jetzt einfach zur Ermordung aller Christen aufzurufen, wäre dumm und einfältig, also versuche ich lieber mit meinen Lyrics Denkanstöße zu geben. Außerdem bin ich ein absoluter Fan von Verschwörungstheorien, Büchern über Geheimgesellschaften und Machenschaften hinter der Fassade der großen, öffentlichen Politik sowie diversen okkulten Werken quer durch alle Auffassungen und Stilrichtungen. Im Grunde genommen gibt es also kein wirkliches Ziel, daß wir mit den Lyrics verfolgen, wir versuchen, sie unserer Musik anzupassen und dabei auch im Bereich unserer Interessen zu bleiben. Natürlich versuche ich auch, in diesem Bereich eigenständig zu sein und mich nicht zu sehr von den Konventionen des Genres gefangen nehmen zu lassen, was aber manchmal sehr schwer ist.

Lugi: Ihr seid ja jetzt bei "Season of Mist" unter Vertrag. (bessere mich bitte aus, sollte ich falsch liegen!). Wie ist es zu dem Deal gekommen? Seid ihr damit zufrieden?

Sü: Der Kontakt zu Season Of Mist ist schon ein sehr alter. Wir haben Michael, den Boss von SOM schon 1996 im Rahmen unserer Europatournee mit SINISTER in Marseille kennengelernt, da er diese Show veranstaltete. Seit damals sind wir uns sehr oft über den Weg gelaufen, aber erst jetzt hat es mit einer Veröffentlichung geklappt. Wir haben uns mit Michael noch gar nicht auf eine Anzahl Alben geeinigt, er hat ja schon zwei ganze Werke vorliegen, das aktuelle Album sowie eine Menge Demos vom „Noohoorsh“ Konzeptalbum, das bereits in der Endphase seiner Entstehung ist. Mal schauen, was dann so kommt. Angebote von heimischen Labels gab es nicht und hätten uns auch gar nicht interessiert. Wir waren eigentlich bis auf „Evolution“ immer bei Labels, die weit von uns entfernt waren, da hatten wir eigentlich nie Probleme.

Lugi: Wie würdet ihr jetzt euren Stil heute bezeichnen? Könntet ihr mit dem von mir "erfundenen" Begriff "Prog-Myth-Death-Metal" leben?

Sü: Nun, ich denke, daß unsere Musik am ehesten die Leute anspricht, die eine ähnliche Einstellung zu Musik haben wie wir, nämlich vorurteilsfrei an die Musik heranzugehen, zuzuhören, loszulassen und Bilder entstehen zu lassen im Kopf. Nur wer wirklich bereit dazu ist, die Musik auf sich wirken zu lassen, wird sie auch verstehen. Wir lehnen dieses Schubladendenken einfach ab, dazu sind unsere Einflüsse viel zu mannigfaltig. Prinzipiell spricht unsere Musik viele Musiker an, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, so zum Beispiel als wir MEGADETH supporteten und Dave Mustaine sowie Dave Ellefson unserer Leistung große Aufmerksamkeit schenkten, oder aber auch Chuck Billy, der am Bühnenrand heftigst abbangte, als wir in Wien SLAYER und TESTAMENT supporten durften. Viele Leute können aber oft mit einem Album nicht so viel anfangen und kommen erst bei einem Konzert so richtig auf den Geschmack. DARKSIDE, wie der Name schon sagt, steht für die dunkle Seite, also ist es auch zulässig, diese Sichtweise mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu vertreten und musikalisch umzusetzen. Wir scheren uns nicht um Trends oder Konventionen, wir versuchen einfach, gute Musik zu machen und es kümmert uns nicht, ob wir jetzt „true“ sind oder nicht, wobei mir alleine schon dieser Ausdruck äußerst zuwider ist, denn was soll das eigentlich heißen „true“ ? Steht es für die zwangsweise Beibehaltung gewisser Strukturen ? Heißt es, wenn jemand nicht „true“ ist, daß die Musik dann schlecht ist ? Musik ist Kunst, und Kunst kann nur existieren, wenn sie sich entwickeln darf, wenn man ihr Freiraum gibt, alle Facetten und Nuancen zu zeigen, sich zu entfalten. Ich finde aber schon, daß es uns zwischendurch immer wieder gelingt, eingängige Teile einzufügen, an denen sich der geneigte Hörer festmachen kann, wo er den Faden wieder findet. Unsere Alltime-faves sind Bands wie WATCHTOWER, MORBID ANGEL, DEATH, NOCTURNUS, CORONER, VOIVOD, MEKONG DELTA oder auch IRON MAIDEN, SLAYER, TESTAMENT, JUDAS PRIEST und QUEENSRYCHE, was den Metalbereich anbelangt, ansonsten hören wir auch Sachen wie PINK FLOYD, RAVI SHANKAR, DOORS, ENIGMA, SANTANA und vieles mehr. Genauso vielfältig wie unser Musikgeschmack ist auch unsere Musik. Der typische DARKSIDE-Hörer, falls es so etwas überhaupt gibt, ist also ein Mensch, der versucht, außerhalb der Konventionen seinen Weg zu gehen, der Leben fühlt, der bereit ist, tiefer zu gehen, an der künstlichen Oberfläche zu kratzen, einzutauchen in Gefühlswelten, sei es jetzt die eigene oder eine andere, neue.

Lugi: Wo wart ihr 1998? Wo seid ihr jetzt? Wo werdet ihr in zwei Jahren sein?

Sü: 1998 standen wir an einem Wendepunkt, denn unser damaliges Label Systém Shock weigerte sich, die Aufnahmen zum dritten Album zu bezahlen, worauf wir uns von ihnen trennten. In dieser Phase lernten wir die Leute von NSM Records kennen, die sehr interessiert daran waren, uns zu signen. Schlußendlich konnten wir dann „Evolution“ aufnehmen, einen Videoclip drehen und mit MOONSPELL und THERION auf eine zweimonatige Europatournee gehen, was die Band einen entscheidenden Schritt weiterbrachte. Leider tauchten dann in weiterer Folge auch bei NSM Records Probleme auf, vor allem in Gestalt eines ehemaligen Mitarbeiters der Firma, der versuchte, uns gegeneinander auszuspielen, nur um sich selbst zu beweisen, daß er einer ist, der die Fäden in der Hand hat und alle nach seinem Taktstock tanzen. Diese unglaublich präpotente Einstellung wurde ihm aber schließlich selbst zum Verhängnis, als er wegen diverser grober Verfehlungen die Firma verlassen mußte. Leider brachten gewisse Umstände aber auch das Vertragsende zwischen DARKSIDE und NSM Records, wodurch wir wieder angewiesen waren, ein neues Label zu suchen, was uns dann Mitte 2000 auch gelang, wodurch wir uns in der jetzigen Situation befinden, nämlich bei einem alteingesessenem Metallabel unter Vertrag zu sein, das eigentlich fast nur Kultbands auf seinem Roster hat. Man denke nur an Namen wie MAYHEM, NOCTURNUS, NECROPHAGIA usw. Das eröffnet natürlich für uns als Band völlig neue Perspektiven und Möglichkeiten. Wir haben z.B. jetzt mit Stefan von True Music Promotion einen ausgezeichneten Mann in Deutschland sitzen, der seinen Job schon jahrelang macht und natürlich über beste Kontakte verfügt, daher können wir einen viel größeren Kreis an möglichen Zuhörern ansprechen, als das früher der Fall war. Natürlich hat auch Season Of Mist selbst eine ganz andere Vertriebssituation weltweit, als NSM früher, obwohl die immer bemüht waren, das optimale für jede Band aus der jeweiligen Situation herauszuholen. Mit einem Label wie Season Of Mist im Rücken wird es uns sicher gelingen, das Niveau der Band, was Bekanntheitsgrad und Promotion betrifft, noch auszubauen, abgesehen davon, daß man mit so einem Support im Rücken auch ganz anders an die eigentliche Arbeit herangehen kann. Tja, wo werden wir in zwei Jahren sein, das ist eine Frage, die ich Dir nicht beantworten kann, weil es zu viele Dinge gibt, die da noch dazwischen liegen. In der Tat arbeiten wir bereits mit Hochdruck am nächstjährigen Jubiläumsalbum. Seit 1998 arbeiten wir nun schon mehr oder weniger ununterbrochen an unserem Konzeptalbum „Noohoorsh“. Der Titel stammt von unserer zweiten Cd, wo wir einen Song dieses Namens hatten. Grundsätzlich geht es bei „Noohoorsh“ wie schon bei jenem Song um eine Story eines Königreiches ca. 3000 Jahre vor Christus. Eingebettet in diese etwas Science Fiction mäßige Story ist ein Überblick über sumerische Religion und Mythologie, Auszüge aus dem Gilgamesh-Epos untermauern diese Tatsache. Zusammen mit der Cd wird es ein ca. 60-seitiges Booklet geben, mit vielen Zeichnungen, Karten, Zeittafeln usw. zum besseren Verständnis des Ganzen und als optische Auflockerung für die zugegebenermaßen sehr komplexe Musik. Anders als bei „Cognitive Dissonance“ haben wir uns nämlich bei „Noohoorsh“ keinerlei Regeln oder Grenzen gesetzt, völlig auf gängige Songstrukturen verzichtet und eigentlich frei von der Leber weg Parts aneinander gereiht, wobei wir natürlich zum größten Teil Rücksicht auf die Storyline nehmen mußten, an anderer Stelle aber wieder Teile der Geschichte nach der jeweiligen Atmosphäre des gerade entstandenen musikalischen Abschnitts geformt haben. Klarerweise werden viele, die schon beim „Cognitive“ Album Probleme haben, dem ganzen zu folgen, das nächste Werk hassen, denn wir haben null Rücksicht daraufgenommen, ob nun die Teile nachvollziehbar sind oder nicht. Unser Hauptaugenmerk lag auf dem Anspruch, ein komplexes, einzigartiges Werk zu schaffen, das unserem Anspruch als Künstler gerecht wird. Das Konzeptalbum wird aber nur ein Teil des zu erwartenden Albums werden, wir haben auch bereits vier neue DARKSIDE Songs fertig, die wir zusammen mit einigen anderen Schmankerln auf eine zweite Cd packen werden, um unser 10 jähriges Bestehen gebührend zu feiern. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Arbeit an einem weiteren Konzeptalbum gemeinsam mit einer französischen Sängerin arabischer Abstammung. Dieses Album wird in eine für DARKSIDE völlig untypische Richtung gehen, sehr experimentell werden, auch Einflüsse wie Drums´and´Bass oder Industrialsounds verarbeiten, dennoch aber nicht auf harte Gitarren verzichten. Die Stimme der jungen Dame könnte man durchaus als Mischung zwischen SADE und einem weiblichen Fernando (MOONSPELL) bezeichnen. Textlich geht es bei „Marginalia“, so der Albumtitel, um die seelischen Vorgänge in einer Person, die im Schnittfeld mehrerer Kulturen aufwächst und daraus resultierende Widersprüche, Emotionen usw. Den geschichtlichen Hintergrund dazu bildet eine Story über einen Katharer und einen Moslem, die am Rande eines der letzten Kreuzzüge aufeinandertreffen und die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten ihrer Kulturen ausdiskutieren. Weiters hat unser Bassist ein Projekt mit den beiden ehemaligen DARKSIDE Mitgliedern Roach (dr) und Peter Durst (git,voc) am Laufen, allem Anschein nach wird es KOMA oder so ähnlich heißen. Wir haben also viel vor, haha.

Lugi: Wann, wo und vor allem mit wem werdet ihr auf Tour gehen?

Sü: Es gibt noch nichts hundertprozentiges, wir haben um einige Support Slots bei Tourneen im Frühjahr angefragt, mal sehen was dabei rauskommt.

Lugi: Wie leicht/schwer hat es eine der bekanntesten Bands Österreichs, sich in der Metalwelt zu behaupten?

Sü: Ich bin mir nicht sicher, ob es eigentlich darum geht, sich irgendwo zu behaupten oder nicht. Für DARKSIDE stand schon immer die Musik im Vordergrund, von daher sehe ich das gesamte Ding eigentlich nicht als Überlebenskampf, haha. Klar kommen immer wieder Phasen, wo Du ungläubig diverse Anfeindungen oder sogar ausgemachte Feldzüge gegen Dich registrierst, aber im Prinzip bin ich es nach mittlerweile fast zehn Jahren leid, auch nur darüber nachzudenken. Es gibt international gesehen viele Länder, wo DARKSIDE eigentlich schon immer als das akzeptiert wurden, was diese Band ist, nämlich Musiker, die ernsthaft versuchen, ihr Ding durchzuziehen, ihre ureigenste Vision von Musik in die Tat umzusetzen. Weitaus düsterer sieht es da mit der Akzeptanz in Österreich und Deutschland aus, ich weiß aber nicht, woran das liegt, auf der anderen Seite habe ich fast schon das Gefühl, daß es mir und den anderen Bandmitgliedern mittlerweile egal geworden ist. Wer sich unsere Alben kaufen will, der wird es tun, wer es nicht will, soll es bleiben lassen. Es besteht nicht der geringste Grund für uns, jemanden davon zu überzeugen, daß DARKSIDE „eh gar nicht so schlecht“ sind. Scheiß drauf ! Für alle ignoranten Nörgler gilt der Grundsatz: Finger weg von DARKSIDE ! Es gibt genügend Leute, die auf unsere Musik stehen und schließlich ist es nur zu verständlich, daß unsere zugegeben schwer verständlichen Songstrukturen nicht jetzt auf einmal die Massen begeistern. Diese Band bedeutet mein Leben und so werde ich weiter mit aller Macht dahinter stehen um diese Vision in Form zu bringen. DARKSIDE ist der Motor in meinem Leben und es wird niemandem gelingen, uns das zu nehmen, wofür wir so lange gearbeitet haben, unsere Familien dafür aufgegeben haben und alles nur erdenkliche über uns ergehen haben lassen, weil wir an diesen Traum glauben. Mädels kamen und gingen, aber die Musik ist noch immer da. Das mag jetzt sehr engstirnig und irrational klingen, aber so ist es nun mal. Es gibt aber natürlich auch in Österreich und Deutschland viele Menschen, die sehr wohl etwas mit unserer Musik anfangen können, uns gerne mögen und uns unterstützen und vor allem denen sei an dieser Stelle mal unser herzlichster Dank ausgesprochen. Das Business gehört zum Spiel, damit muß man als Musiker schon leben können. Natürlich gibt es immer wieder Situationen, wo man sich über das Eine oder Andere ärgert, aber im Großen und Ganzen machen wir ja unsere Musik in aller erster Linie deswegen, weil wir Spaß daran haben und uns selbst verwirklichen wollen und das kann uns keiner verleiden, auch wenn es immer wieder manche Leute versuchen. Kritiker sind eigentlich meistens Menschen, die schreiben, was sie machen würden, wenn sie es könnten…von daher nehmen wir Kritik, egal ob gut oder schlecht, als das was sie ist, die Meinung eines einzelnen Menschen. Im Grunde hat keine Kritik etwas mit unserer Musik zu tun, denn die Musik gibt ja erst die Möglichkeit zu kritisieren, also ist sie gewissermaßen Voraussetzung dafür, das jemand eine Kritik schreiben kann. Natürlich freut man sich, wenn man sich als Künstler ein bißchen verstanden fühlt, oder ärgert sich im ersten Moment, wenn man eine schlechte Kritik bekommt, im Endeffekt muß man sich eben wieder auf das grundsätzliche besinnen, nämlich Musik zu machen, unbeeinflußt seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, frei von Zwängen und Konventionen, denn nur so kann Kunst existieren. Einen negativen Beigeschmack bekommt diese Sache durch die Tatsache, daß sich viel zu viele Menschen von Kritiken beeinflussen lassen, sich keine eigene Meinung bilden wollen, ja ob der Vielfalt der Veröffentlichung gar nicht die Möglichkeit dazu bekommen, weil sogar ganze Einkaufsketten ihre Einkaufspolitik nach den großen Magazinen richten. Wenn Du da nicht vorne dabei bist, dann werden Deine Cds automatisch nicht so gut erhältlich sein wie andere, was sich natürlich in den Verkaufszahlen niederschlägt, die Du aber als Band brauchst, um von Deinem Label auch entsprechend unterstützt zu werden. Ich meine, wir würden auch Cds veröffentlichen, wenn sich kein Label finden würde, das interessiert wäre, unsere Musik zu verkaufen, denn unsere Mucke ist ohnehin nicht dazu angetan, DARKSIDE zu Chartbreakern zu machen, aber es gibt einem zu denken, das sich manche Schreiberlinge zu einer Art selbstgefälligem Richter über Gut oder Schlecht aufschwingen oder wenn Magazine nicht bereit sind, Dich zu featuren, weil Dein Label nur einen Song auf dem Sampler zahlen will und nicht noch eine ganzseitige Anzeige dazu. Solche Methoden sind einfach nur traurig und bemitleidenswert, denn sie haben nichts mit Musik zu tun, sondern sind pure Geschäftemacherei auf dem Rücken anderer.

Lugi: Danke Dir für das ausführliche Interview!


www.zenial.nl/darkside/

Autor: Lugi

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Beitrag vom 18.12.2001
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