Interview mit DISHARMONIC ORCHESTRA - Der Phönix aus der Asche




Nach 5 Jahren Pause erheben sich DISHARMONIC ORCHESTRA wie Phönix aus der Asche und liefern mit "Ahead" ein Album ab, das in punkto Progressivität, Eigenständigkeit und Abwechslung seinesgleichen sucht. Aber lest selbst, was mir Gitarrist und Vokalist Patric über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seiner Band verraten hat!


martin: Hallo, erstmals Gratulation zu eurer Reunion und eurer neuen Veröffentlichung. Da es österreichischen Journalisten nicht so oft passiert, eine österreichische Band zu interviewen, die bei einem Label wie Nuclear Blast unter Vertrag steht, ist mir das natürlich ein besonderes Vergnügen!
Wie geht es euch bei dem Gedanken diesem "elitären Zirkel" anzugehören?



Patric: Danke. Ja, österreichische Bands gibt es halt nicht so viele, die auch international agieren. Nuclear Blast hat sich mit ihren Bands da wohl erst über die Jahre zu einem elitären Zirkel gemausert. Als wir bei den Blast begannen, war davon noch nichts zu spüren. Das war noch voll Underground.




martin: Wie seid ihr eigentlich damals, anno 1989 zu Nuclear Blast gekommen? War es leichter als heutzutage?


Patric: Wir waren 1989 auf einer kleinen Schweiz-Deuchtland Tour mit PUNGENT STENCH und in der Nähe von Stuttgart war ein Gig, wo auch Leute von Nuclear Blast waren und denen hat der Gig so gut gefallen, dass sie uns und PUNGENT STENCH dann gleich haben wollten. PUNGENT STENCH kannten sie schon von einem Demo her und wir waren wohl live ein "besonderer Genuss" ;-) Ich Weiß nicht genau, wie schwer es heute ist einen deal zu bekommen. für uns war es immer sehr einfach.


martin: Warum wurden 1989 eigentlich 2 LPs (1xSplit mit PUNGENT STENCH, 1x7") und nicht gleich ein DISHARMONIC ORCHESTRA Longplayer veröffentlicht?


Patric: Wir hatten schon vor dem Deal mit PUNGENT STENCH beschlossen eine Split-LP zu machen und haben das dann auch bei Blast in die Tat umgesetzt.


martin: Wenn man nach Infos über DISHARMONIC ORCHESTRA im Internet sucht, stößt man dabei oft auch auf PUNGENT STENCH u. DISASTROUS MURMUR. Wie seit ihr damals zu diesen Bands gestanden und wie steht ihr jetzt zu ihnen und deren Werdegang?


Patric: Mit PUNGENT STENCH haben wir ja fast gleichzeitig begonnen und jetzt witzigerweise auch fast gleichzeitig unser Comeback gehabt. mit DISASTROUS MURMUR standen wir natürlich auch immer in Kontakt. Wir hatten zeitweise den gleichen Proberaum und Harald Besdek (von 88-95 bei DISASTROUS MURMUR, Anm.) war ja auch mal bei DISHARMONIC ORCHESTRA (und zwar am Mikro und der Gitarre von 87-88, Anm.). Martin unser Drummer war auch für eine Tour lang bei DISASTROUS MURMUR am Schlagzeug. Die österreichische Szene war damals eben sehr klein. Da kannte man sich gut und hat sich auch immer wieder mit Manpower unterstützt.


martin: Wie war eigentlich die Metal-Szene damals?


Patric: Es gab natürlich schon ein paar Heavy Metal und Hard Rock Bands, aber extreme Bands wie uns, PUNGENT STENCH und DISASTROUS MURMUR gab es kaum. Später dann CADAVEROUS CONDITION. Die Hardcore-Szene hat es uns damals auch angetan mit Bands wie STAND TO FALL oder COLD WORLD.


martin: Verfolgt ihr eigentlich die aktuelle Szene in Österreich einwenig? Wenn ja, gibt es eurer Meinung nach aussichtsreichen "Nachwuchs"?


Patric: So richtig habe ich die österreichische Szene nicht verfolgt. Ich weiß nur, dass es auch ein paar Bands gibt, die auch im Ausland gute Resonanzen bekommen wie JACK FROST; STAHLHAMMER und natürlich HOLLENTHON.



martin: Welchen Tipp gibst du einer jungen österreichischen Band, die einen Plattendeal erreichen will?


Patric: In jedem Fall so eigenständig wie möglich zu sein und ihr Ding durchzuziehen. Nicht zu sehr an irgendwelche Trends anbiedern. Dran bleiben und viel live spielen.


martin: Gibt es eigentlich noch eure Projekte LEPTOSOME, PEITSCHERLBUAM VOM BESERLPARK u. FUZZMEN noch, bzw. was ist daraus geworden?


Patric: LEPTOSOME war nur ein Demoprojekt. PEITSCHERLBUAM VOM BESERLPARK gibts auch schon seit 1996 nicht mehr. Aber FUZZMEN gibt es noch. Das ist das Pojekt vom Herwig. Da wird nächstes Jahr was rauskommen und hat vollen Hitfaktor. Hat aber nix mit Metal zu tun.


martin: Im Pressetext steht zum Thema Reunion: "...zu Herwig wurde das Verhältnis dann ebenfalls wieder besser." Steht da zwischen den Zeilen, dass die Pause 1995 nicht ganz so freiwillig eingelegt wurde, bzw. schon dringend nötig war?


Patric: Das Verhältnis zum Herwig war nie gespannt. Das steht da nur etwas 2deutig im Pressetext. Nach der Pause hatten wir nicht mehr soviel Kontakt zu ihm, weil er mit seiner anderen band NAKED LUNCH viel unterwegs war. Aber verstanden haben wir uns immer prächtig. Die Pause wurde bewusst von uns gemacht. Da waren keine Bandquerellen im Spiel.


martin: In wie welcher Form hat das Re-Release 2000 (Nuclear Blast Classic Series) vom Album "Expositionsprophylaxe" (1990) zu eurer Wiedervereinigung beigetragen?


Patric: Das hat zu 100% beigetragen! Wir haben zwar immer wieder während unserer pause gesagt, wie würden wieder was machen, aber der echte Kick, die Motivation fehlte irgendwie. Aber wie dann die „Expositionsprophylaxe“ wieder veröffentlicht wurde, das gab uns dann schon das Nötige, um aus dem Gedanken auch ernst zu machen. Und ernst ist jetzt schon fast 2 Jahre. ;-)


martin: 2000 ging´s ja nach 5 Jahren Pause wieder weiter. Wie waren die ersten Proben nach so langer Zeit?


Patric: Die ersten echten, ernsthaften Proben waren erst im Oktober 2001. Davor hatten wir zwar ein bisserl gejammt, aber noch nicht so konkret. Dann aber ging es Schlag auf Schlag. Am Anfang wieder ein bisserl Eingewöhnung, aber dann kamen die Songideen wie am laufenden Band.


martin: Im Oktober 2001 habt ihr mit dem Songwriting zu "Ahead" begonnen. Habt ihr geplant wieder etwas total unkonventionelles zu kreieren, oder hat sich das nach und nach wieder so ergeben - habt also wieder zu eurem Stil gefunden?


Patric: Unser Stil ist es ja irgendwie keinen fixdefinierten zu haben. Es war überhaupt nicht geplant. Es ergab sich so. Am Anfang wussten wir auch nicht genau, wie das Ganze am Ende so klingen wird. Es war im Studio bis zuletzt nicht ganz klar. Erst beim Mixen kristallisierte sich dann "Ahead" so richtig heraus. unser "Stil" entwickelt sich immer weiter und auch das nächste Album wird sicher wieder etwas Neues bieten.


martin: Apropos Stil! Gib es eine offizielle Bezeichnung von euch für eure Musik? (sicher eine der am seltensten gestellten fragen, haha)


Patric: Nein. Ich hab jetzt vor kurzem mal Elektro Metal gehört. Aber dem kann ich nicht zustimmen. Ich würde unsere Musik einfach als Metal bezeichnen.




martin: Sind euere Elektronik-Mann ein vollwertiges Mitglied, oder nur Session-Musiker? Auf dem "Ahead"-Cover ist er ja nicht zu sehen.


Patric: Wir haben 2 Leute, die für die Electronic auf „Ahead“ zuständig waren. Zum einen LordDeisen, der hat die meisten Sachen gemacht und dann noch M Phasis (Martin Sovinc). Sie sind in erster Linie Session-Musiker. LordDeisen wird auch live dabei sein. Die beiden sind assoziierte Mitglieder.


martin: Wurden die Samples und Electronic-Parts (die übrigens beide sehr gut passen) schon beim Songwriting berücksichtigt, oder erst danach hinzugefügt? Wie wurden diese eigentlich Ausgewählt, oder haben das M Phasis und LordDeisen alles in Eigenregie gemacht?


Patric: Bei „Dual Peeplholes“ (diese Nummer könnte man schon fast als industrialen Drum&Bass bezeichnen, Anm.) gab es quasi zuerst den Drumloop, auf den dann die Gitarren angepasst wurden. Alle anderen Sachen wurden dann im Studio im Nachhinein zugefügt. Die Electronic-Parts wurden von LordDeisen und M Phasis in Eigenregie gemacht. Wir haben dann nur gesagt, ob wirs cool fanden oder nicht so, aber in Summe haben das die Jungs alles selber gemacht.


martin: Ich würde mir bei "Ahead" einen etwas druckvolleren Gitarrensound wünschen. Ging es nicht "fetter" oder war das so beabsichtigt?


Du bist der erste, der den Gitarrensound als nicht fett genug bezeichnet. Wahrscheinlich liegt das an meinem Gitarrenspiel. Keine Ahnung. Wir finden den Sound eigentlich ziemlich fett.


martin: "Grindcore oder Death Metal machen wir nicht mehr, auch wenn wir in unserem neuen Material solche Elemente einfließen lassen.", schreibt ihr in der Presseinfo, sowie, "Wir sehen uns dem Metal-Genre zugehörig, wollen aber immer aus diesem ausbrechen." Aber gleich das, ich sage mal Intro Nr. 2, sowie das Outro, ist ein kurzer instrumentaler Part, ganz im Death Metal-Stil. Auch Track Nr. 8 "If this is it, it isn´t it, is it?" ist absolut dem Death Metal zuzuschreiben. Ist das also nicht der falsche Weg um aus dem (Death) Metal-Lager auszubrechen?


Patric: Ja klar. Das ist ja auch unsere ambivalente Haltung. Die schnellen Songs machen schon Spaß sie zu spielen und die gehören genauso zu unserem Gesamtsound wie „Supervision“ oder „Grit your Teeth. wenn wir komplett aus dem (Death) Metal-Lager ausbrechen wollten, dann müssten wir wahrscheinlich auch ein anderes Label haben und uns umbenennen. Zu sehr ist der Name DISHARMONIC ORCHESTRA mit (experimentellem) Grindcore und Death Metal verbunden. Irgendwie kommen wir davon nicht weg.


martin: Blöde Frage, gibt es zu Track Nr. 8 eigentlich einen richtigen Text?:-))


Patric: Nein es gibt keinen. ist eine Fantasie-Sprache. Ich kann dir das aber nicht übersetzen, weil ich kein Wort davon verstehe ;-)(Puhh, und ich dachte schon ich bin entweder blind auf der Akkustik oder sollte mein Englisch wieder mal auffrischen*g*, Anm.)


martin: Die nächste blöde Frage, was kommt dir in den Sinn bei der Zeile: "Sunday Night hab ich Zeit für die Liebe...":-)))))))) (das ist der Refrain der versteckten Schlagernummer am Ende von Track 13 – einfach nur genial. Unbedingt anhören!, Anm.)


Patric: Das sind unsere wahren Roots. Der Song ist vom Martins Vater. Der war in den 60ern ein Schlagerstar und das ist eine alte Single von ihm. Voll geil.


martin: Wie waren eigentlich die bisherigen Reaktionen auf "Ahead"? Sowohl Presse, als auch Fans.


Patric: Unterschiedlich. Aber im Grossen und Ganzen positiv. Es gibt nur ganz wenige, die mit dem Album gar nix anfangen können. Aber es ist mehr als alle anderen Veröffentlichungen von uns ein "love it or hate it"-Album. Von den Fans hab ich nur ein Mail aus Russland bekommen, der etwas enttäuscht war.


martin: Habt ihr eigentlich schon mal mit dem Gedanken gespielt eure Lyrics auf Deutsch zu verfassen?



Patric: Nein, dann würden ja zu viele unsere Schwachsinnstexte verstehen *g* Ich finde die engl. Sprache für unser texte am besten. Außerdem würden wir uns dadurch zu sehr beschränken und dann müsste ich mir noch mehr Gedanken machen beim Texten. Texte sind für uns nicht so wichtig, so lange sie nicht absoluter Schrott sind wie die vielen Gewalt-, Splatter- und Kill-Texte. Solche find ich überflüssig.


martin: Da fällt mir gerade ein, STAHLHAMMER bringen ja auch gerade eine CD heraus. Was hält ihr von dieser Band?


Patric: Keine Ahnung noch nie gehört. Aber wenn sie so wie RAMMSTEIN sind, dann find ich sie wahrscheinlich nicht so toll. Aber mal sehen, wir spielen ja mit ihnen am 8.11. in Oberwart.


martin: War das Video zu "Stuck in Something" (Album "Pleasuredome" 1994) euer erstes Video? Wie war es für euch den Clip zu drehen?


Patric: Nein, das war unser 2. Clip. Es gibt noch einen zu "Groove" von dem "Not to be undimensional Conscious"-Album. Der ist super schräg.
Der Dreh zu „Stuck in Something“ war total cool. Das hat der Martin Koch gemacht, der auch für PUNGENT STENCH, FUCKHEAD und FETISH 69 Clips gemacht hat. Wir haben das Teil im Keller von der Arena aufgenommen. Hat sehr viel Spaß gemacht. Wir würden sehr gerne wieder ein Video machen.



martin: Gibt es schon Pläne für einen Clip für das "Ahead"-Album? Wenn ja, zu welchem Lied?


Patric: Mal sehen, ob Nuclear Blast auch die Notwendigkeit sehen. Bis jetzt ist noch nichts geplant, aber wenn, dann kann ich mir den Song "Grit your Teeth" oder "Keep falling down" vorstellen.


martin: Wie sieht es nach der Österreich-Tour mit einer Europa-Tour aus? Ist da schon etwas in Planung?


Patric: Wir wollen im Februar 2003 auf Europa-Tour gehen. Hoffenltlich klappts. Wir können es eh kaum noch erwarten endlich wieder live zu spielen.


martin: Die obligaten last Words...


Patric: Yo. Danke für das Interview und den Support und always stay "Ahead"!



www.disharmonic.com

Autor: Martin

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Beitrag vom 20.10.2002
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