Interview mit DIE STERNE - Rocken mit Dudelsäcken


Wen sich die STERNE für ein Wien Konzert anmelden, kann man sich die Gelegenheit auf ein Gespräch mit den stets eloquenten Herren natürlich nicht entgehen lassen. Bassist Thomas Wenzel und Sänger/Gitarrist Frank Spilker stellten sich beim Interview als freundliche und gut gelaunte Zeitgenossen heraus. Die nette Plauderei über Veränderungen, Dudelsäcke, St. Pauli und die Zukunft der Band gibt’s hier. Schön.



Das neue Album schreit förmlich Veränderung: Neues Bandmitglied, neuer Produzent, neues Label, der Sound ist wieder eher geradliniger. Wie hat sich das entwickelt?

Ja erst mal ist (Keyboarder) Frank Will ausgestiegen, das war so der Ausgangspunkt. Dann ist der Plattenvertrag ausgelaufen, dann mit dem neuen Bandmitglied erst mal sich wieder finden unter überlegen wie man weitermacht. Dann irgendwie aus der Konsequenz heraus den Weg weiterführen und auch den Produzenten zu wechseln erschien uns irgendwie logisch, weil das dann für Richard (neuer Keyboarder) gut wäre, weil er dann nicht in so eine eingeschworene Gemeinschaft reinkommt. Wir haben ja mit Chris von Rautenkranz schon relativ viel gemacht und so haben wir das dann halt auch geändert. Und auch ein neues Management und was noch so dazukommt.

Die Zukunft der Band stand aber nie in Frage?

Doch, das gab so eine Phase. Man hat sich überlegt, wie man weitermacht. Wir hätten ja auch zu dritt weitermachen können. Wir haben dann aber doch ziemlich schnell entschieden, dass wir weitermachen. Da gab es dann auch zuerst ganz praktische Gründe Richard zu fragen. Das war für so einen Fernsehauftritt oder ein paar Gigs glaub ich, wo dann Frank Will schon nicht mehr mitmachen wollte oder konnte. Wir brauchten dann quasi ein Double oder einen Ersatzmann und dann haben wir halt Richard gefragt. Das lief so gut und dann war die Frage relativ schnell beantwortet, ob wir zu dritt weitermachen und das er quasi einsteigen sollte als festes Bandmitglied.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Olaf Opal?

Ich kann mich noch erinnern, das wir mit Carol (L’ado) zusammensaßen und überlegten, ob wir wieder mit Chris v. Rautenkranz zusammenarbeiten sollten. Wir hatten dann aber das Gefühl, eine Veränderung würde uns gut tun. Wir haben dann überlegt, welche gute Produzenten es gibt in Deutschland, die interessante Sachen gemacht haben. Wir dachte dann an Mario Thaler und eben Olaf Opal, diese Weilheim-Notwist Ecke. Wir haben ihn dann kennen gelernt und wußten recht schnell, es geht mit dem Typen. Auf alle Fälle war es dann sehr spannend für uns.

Ist euer neuer Keyboarder der Grund dafür, das es weniger frickelige Sounds auf dem neuen Album gibt wie auf "Wo ist hier?"

Vielleicht weniger Frickelsounds im Sinne von am Computer zerschnitten und mit den sogenannten elektronischen Hilfsmitteln. Richard frickelt halt auf andere Art und Weise. Der hat tausende analoge Synthies und Orgeln und so was und schleppt da irgendwelche Sounds an, die er gerne wiederfinden möchte auf der Platte. Es hat sich verlagert. Da hat jeder so seine Passionen. So wie Olaf Opal immer seine Kiste mit Effekten mit hat und den Gitarristen in die Hand drückt und einfach sagt "Mach mal".

Die Platte klingt ziemlich frisch und first-Take mäßig.

Echt? Gute Arbeit würde ich sagen. Das war überhaupt nicht so. Obwohl, diesmal haben wir die Sachen mehr live eingespielt. Die Stücke sind einfach mehr songorientiert. Bisschen zurück zu den Anfängen. Obwohl, so songorientiert waren wir zu Beginn ja auch nicht. Das ist dabei doch schon rausgekommen. Wir haben bei "Wo ist hier?" schon gemerkt, dass die Live Umsetzung davon nicht immer so reibungslos geklappt hat und wir manchmal Schwierigkeiten hatten, eben diese Frickelsounds auf der Bühne zu reproduzieren. Was die Texte betrifft, geht es ja diesmal auch mehr in Richtung Pop-Song Format. Wir wollten den Texten eine nachvollziehbare Grundidee verpassen.




Wie wichtig ist euch technische Perfektion? Beim Live-Video zu „Wenn dir St. Pauli auf den Geist fällt“ gibt’s ja auch einen Verspieler.

Das erwartet man jetzt wahrscheinlich schon von uns. Sind da Verspieler drinnen? Aber, Perfektion war nie so unser Ding. Für mich ist eine Show perfekt, wenn die Leute begeistert sind und durchdrehen. Wie man das erreicht, ist eigentlich egal. Ich find auch, man kann machen was man will auf der Bühne, das muss auch gar nichts mit der Platte zu tun haben. Ich denke, so sind bei uns die Prioritäten.

Wie relevant ist für dich der Begriff „Hamburger Schule“ noch? War er überhaupt jemals relevant für euch?

Ich meide oder scheue mittlerweile die Auseinandersetzung mit dem Begriff, weil das so langweilig ist. Das ist vielleicht auch das Problem. In dem Masse, wie das mal ein Etikett für etwas aufregendes ist, ist es ja dann auch ein Etikett für etwas, das vor fünf Jahren war und langweilig ist. Insofern war man immer schon skeptische dem Begriff gegenüber. Als es nicht mehr intern war, sondern so ein Medienbegriff, wurde das auch schon etwas kritisch gesehen von uns. Die Beziehung zwischen den Bands oder der Szene ist natürlich immer noch wichtig.

Hat die Hamburger Szene diese Typisierung überstanden? Es ist ja alles schon ziemlich gehypt worden.

Ja, es ist aber auch tot gesagt worden. Mit dem Aufkommen von deutschsprachigem Hip Hop, besonders auch aus Hamburg, wollte dann keiner mehr von „Hamburger Schule“ reden. Vielleicht hat sich das schon wieder relativiert.

Wie kam es zu den Dudelsäcken auf "St. Pauli"?

Das war Franks Idee. Wir wollten für das Lied etwas haben, was nicht so typisch für St. Pauli ist. Also kein Akkordeon oder Schifferklavier oder so was.

Wo seht ihr eure Karriere im Moment? Mit all eurer frischen Energie...

Wir fühlen uns ziemlich stark im Moment mit der Band. Ich hab so das Gefühl, da kann noch jede Menge kommen.

Habt ihr noch Zeit für andere Projekte?

Ich hab das Gefühl, wir könnten uns nicht das ganze Jahr über nur mit den STERNEN beschäftigen. Wir spielen eigentlich alle noch in anderen Bands. Von den GOLDENEN ZITRONEN kommt jetzt zum Beispiel eine Jubiläums CD heraus, da wird es wohl auch eine Tour geben.

Wie ist euer Verhältnis zu Wien? Ihr spielt ja relativ oft hier.

Ein sehr gutes! In keiner deutschen Großstadt außer Hamburg spielen wir glaub ich so oft wie in Wien.

Was werden wir in der Zukunft von den STERNEN hören?

Ich denke, die Lust darauf etwas neues zu produzieren, wird nach der Tour bald wieder zurückkehren. Außerdem ist noch irgendein Jubiläumsprojekt geplant. Vielleicht eine DVD mit allen Videos, was in die Richtung. Konkrete Pläne haben wir aber noch nicht. Ich hab einfach nur das Gefühl, wie gesagt, das wir als Band ziemliche Muskeln haben.

Okay, dann wünsche ich euch viel Spaß beim Konzert heute!


Tja, da habe ich noch nicht geahnt, dass ich drei Stunden später eines der wahrscheinlich besten STERNE Konzerte in Wien überhaupt erleben werde...

www.diesterne.de

Autor: Gregor


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Beitrag vom 20.10.2002
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