Interview mit ALEC EMPIRE - Digital Hardcore Teufelchen


Schande über alle österreichischen Konzertveranstalter! ALEC EMPIRE ist auf Tour, aber leider gibt’s keinen Österreichtermin! Was machen wir? Genau, nach München fahren! Dort stand uns Alec nach seinem Auftritt am New Backstage „Free + Easy“ Festivals für ein Interview zur Verfügung. Gesprochen wurde über sein aktuelles Album „Intelligence & Sacrifice“, seine Pflichten als deutscher Staatsbürger, seine Probleme mit ATARI TEENAGE RIOT und die Schwierigkeit nicht zu rockige und kommerzielle Remixe für diverse Nu Metal Bands abzuliefern.



Wir haben den langen Weg von Wien nach München auf uns genommen, um dein Konzert zu sehen. Daher drängt sich gleich als erste Frage auf: Warum ist Österreich bei deiner Tour nicht dabei?

Das ist eine gute Frage. Nicht dass wir es nicht versuchen würden, aber anscheinend können wir da überhaupt nicht spielen. Uns werden einfach zu kleine Clubs angeboten…

…das Flex oder die Arena wären doch passend, oder?

Ja, das Flex wäre ja ganz ok, aber das wurde uns gar nicht angeboten, sonder noch viel kleinere. Mir persönlich tut es leid und ich finde es eigentlich sehr schade…

Ich dachte schon, dass du eine Antipathie gegen Österreich hast, da damals der ATARI TEENAGE RIOT Gig im Oktober 1997 so kurzfristig abgesagt wurde und 1999 als Vorgruppe von NINE INCH NAILS habt ihr auch nur sehr kurz gespielt.

Nein, nein, ganz im Gegenteil. Der Termin 97, tja das war einfach nur Chaos und 1999 fand ich eigentlich ganz gut. Wir hatten damals die Vorgabe kürzer zu spielen.

Zum neuen Album: Was steht hinter der Bezeichnung „Intelligence & Sacrifice“?

Das ist natürlich eine längere Sache. In erster Linie wollte ich zwei Wörter die im Gegensatz zueinander stehen. Der Titel sollte auch im Gegensatz zu ATARI TEENAGE RIOT stehen und ich wollte einen Titel der auch ein wenig zum Nachdenken anregt. Was man mit „Intelligence“ assoziiert: die Technologie, die Macht von Gedanken und auch die Gesellschaft, die Zukunft und alles was darauf aufbaut, mit der Einschränkung alles gefühlsmäßige wegzulassen. Auf der anderen Seite werden aber viele Entscheidungen von den Menschen nur gefühlsmäßig getroffen. Letztendlich kann keiner mehr sagen, warum er überhaupt was entscheidet oder wählt. Wenn man sich Amerika anguckt da scheinen viele Sachen, auch politische Entscheidungen, von Emotionen geleitet zu sein. „Sacrifice“ steht im Gegensatz dazu und ist in Verbindung mit primitiven, ich möchte nicht sagen, „Kulturen“ aber Religionen wo man Opfer bringt. Leute die sich im Unterbewussten etwas stark einbilden, vor allem Sachen die man logisch nicht erklären kann.

Was war Auslöser für das neue Album. Wie bist du an die Arbeiten herangegangen. Wie ist es entstanden?

Es hat mich genervt mit ATARI TEENAGE RIOT immer in eine Schublade gepresst zu werden wo noch dazu vieles falsch verstanden wurde. Zum Beispiel der Track „Revolution Action“ wurde von der Presse komplett falsch verstanden. So in der Richtung: „Hallo, wir wollen jetzt eine Revolution“. Aber was zwischen den Zeilen stand, darauf wurde nicht eingegangen. Nach dem langen Touren mit ATARI TEENAGE RIOT mussten wir einfach mal aufhören, weil es gesundheitlich und wegen der bandinternen Probleme nicht mehr weiter ging. Es wurde nur mehr die Show durchgezogen, aber man fühlt nichts mehr weil man so fertig ist. Dann haben wir beschlossen einen Break zu machen.
Da hatte ich dann schon den Plan eine neue Platte aufzunehmen. Es hat mich genervt, dass die Leute anfingen mich nur mehr mit ATARI TEENAGE RIOT zu sehen. Für die meisten war ich nur der Sänger und man hat alle anderen Sachen die ich machte vollkommen ignoriert. „60 Seconds Wipeout“ war unsere erfolgreichste Platte. Ich wollte aber musikalisch weiter. Bei ATARI TEENAGE RIOT war das Konzept aber so ausgelegt, dass man da nicht raus konnte. Alles war aufs Politische ausgerichtet.
„Intelligence & Sacrifice“ sehe ich als eine Platte wo ich meine Arbeiten der Neunziger zusammengefasst habe und das ganze noch um eine neue Richtung erweitert habe. „Miss Black America“ kann man als eine Art Demoversion des aktuellen Albums sehen. Bei „Intelligence & Sacrifice“ habe ich zuerst die Aufnahmen zur CD2 fertig gestellt. Bei der CD1 wurde ich sehr stark von Nic Endo musikalisch unterstützt. Sie ist sehr gut darin Sounds zu kreieren die die Kabel zum Schmoren bringt und die Geräte überlastet. Das ergibt aber einen Wahnsinns Sound. (Anm.: Sie hat einen 10.000,-- Dollar teure Anlage zerstört um für den Song „New World Order“ den Kampf von Maschinen nachzustellen.) Aber mir scheint ihr wird nicht genügend Beachtung geschenkt für das was sie macht. Was meiner Meinung nach die Frauen im Elektronik Bereich im Allgemeinen betrifft. Sie war es auch, die mich in die Metal Richtung gepuscht hat, dadurch haben sich ganz neue Fanschichten ergeben. Denn nach der Tour mit ATARI TEENAGE RIOT war ich total ausgepowert und habe alles hinterfragt was ich so in den 90ern gemacht habe. Es kam mir so vor als hätte ich gar nichts erreicht. Aber ich merke wie gut das neue Material bei den Fans ankommt. Mit dem Erfolg hab ich zwar nicht gerechnet. Und dabei haben wir noch nicht einmal in Nord Amerika getourt!


Nun bist du wohl solo erfolgreicher denn je. Geht es mit ATARI TEENAGE RIOT noch weiter oder ist das Kapitel nun endgültig abgeschlossen?

Wir haben uns nicht aufgelöst. Durch den Tod von Carl Crack wurde es unheimlich schwer weiterzumachen. Wir hatten schon an einer neuen Platte gearbeitet, aber irgendwie fühlte es sich nicht richtig an, ohne Carl weiterzumachen. Der Suizid von Carl ist einfach ein krasser Einschnitt in unsere Bandgeschichte und es fällt uns nicht leicht einfach so weiterzumachen und seine Vocal Parts einfach von jemand anderen singen zu lassen. Daher war es gut für mich etwas Abstand zu gewinnen und mein Solo Album einzuspielen.

Was macht eigentlich Hanin Elias? Jetzt, nach ihrer Baby Pause?

Sie hat eigentlich eh immer nebenbei Platten aufgenommen. Wir haben auch noch einige Sachen gemeinsam aufgenommen. Während ich mit meinem Album beschäftigt war, hat sie ihre Zeit dafür genutzt ihr eigenes Label, unabhängig von meinem Digital Hardcore Recordings, zu machen. Und sie hat auch an ihrer neuen Platte gearbeitet.




Eine Frage zum politischen Background. Hast du eigentlich noch die deutsche Staatsbürgerschaft? Wirst du bei den Bundestagswahlen wählen gehen?

Ich habe überlegt ob ich doch wählen gehen soll, da ich jahrelang Wahlen boykottiert habe. Ich dachte es ist sinnvoller ein Zeichen zu setzen indem man nicht wählt um die Politiker zum Nachdenken zu bewegen warum der Wähleranteil so gering ist bzw. sie zu animieren sich bessere Konzepte zu überlegen. Ich habe überlegt die Grünen oder PDS zu wählen, aber irgendwie kann ich mich parteipolitisch auch nicht damit identifizieren und klar dahinter stehen.

Wäre es nicht doch besser „irgendetwas“ zu wählen, als überhaupt nicht zu wählen?

Naja, da habe ich auch lange überlegt. Aber, die Wahlen… ich habs schon ein bisschen aufgegeben, und das eigentlich schon vor zehn Jahren. Mich überzeugt keine Partei mehr. Die Regierungen werden immer mehr entmachtet von den Großkonzernen. Ich glaube, dass bei uns ohnehin nicht so viel verändert werden kann. In Amerika ist es besonders krass, da die Arbeiterklasse keine Sicherheiten (Sozialversicherung) mehr haben. Aber im allgemeinen werden die Regierungsparteien immer langweiliger, da sie immer mehr Leute gleichzeitig erreichen und ansprechen wollen. Sie verkommen immer mehr zu Schaustellern, ja werden mittlerweile schon wie Schauspieler ausgesucht. Keine Charaktere, keine Persönlichkeit, zu wenig tiefe, keine Kreativität…

Du bist auch fleißig als Remixer tätig. Wie vorkurzem die PRIMAL SCREAM Remixe von „Miss Lucifer“. Steht sonst noch was auf dem Programm?

Ich habe einen KORN Remix gemacht. Er sollte eigentlich auf ihre letzte Single „Thoughtless“. Aber es war ihnen zu rockig und kommerziell.

Was? Zu kommerziell für KORN?

Ja, anscheinend hätten sie gerne etwas anno 1996 gehabt. So in der Richtung des „The Destroyer“ Albums.

Ich finde den Denkansatz aber sehr merkwürdig. So in der Art: „Ich bin KORN, wir wollen einen ALEC EMPIRE Remix, aber er soll so und so klingen!“

Ja genau, da hast du recht. (lacht) Ich wurde bereits vor drei Jahren das erste Mal gefragt. Da wollten KORN ein Remix Album rausbringen mit Elektro Bands, also CHEMICAL BROTHERS und so, allerdings wollte daran nicht wirklich jemand mitarbeiten und so ist das Projekt gestorben.

Wie stehst du eigentlich zum MP3 Song-sharing.

Ich habe prinzipiell nichts dagegen wenn jemand CDs brennt, aber ich bin gegen das mp3 Song Format, weil es sich speziell bei der elektronischen Musik scheiße anhört. Da reagiere ich allergisch drauf, denn gerade bei meiner Musik funktioniert das überhaupt nicht da man wichtige Frequenzen verliert, da sie als Fehler erkannt und einfach weggelassen werden.

Da hast du aber eine sehr liberale Einstellung. Und das obwohl du selbst Labelbesitzer bist!

Derzeit geht es der Musik nur so schlecht aufgrund der konjunkturellen Lage. Man darf dabei nicht nur den CD brennen die Schuld geben. Die Leute sind auch gelangweilt von der Musik da von den Majors zuviel kontrolliert und der Musikgeschmack diktiert wird. Es wird sowohl bei der Musik als auch im Kino oder eben bei den Wahlen alles nur mehr für ein möglichst weites Publikum konzipiert.

Das aktuelle Logo. Was bedeut es? Es sind doch vier 6er, oder?

Ja, genau, eine 6 mehr als der Teufel (lacht). Viele Leute fühlen sich dadurch echt bedroht, was ich aber nicht verstehen kann. Die haben Angst, dass es sich dabei um eine Sekte handelt, aber man darf das nicht so ernst nehmen. Wenn ich was mit Humor mache, dann mache ich es so, dass es nicht jeder gleich versteht.

Danke für das Interview. Hoffentlich sieht man sich bald auf einem Konzert in Österreich wieder!


Mitarbeit: Christian

Vielen Dank ans Backstage Team: www.backstage-online.com

www.alecempire.com

Autor: Stiga

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Beitrag vom 20.10.2002
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