Interview mit MESHUGGAH - Alles im 4/4 Takt


Interview mit Marten von Meshuggah:
Soeben haben die Könige des Break Beat Trash ihr neues Album "Nothing" veröffentlicht und sind von einer anstrengenden Tour aus den Staten zurückgekehrt.

Hallo Marten. Danke, dass Du Dir für uns ein paar Minuten Zeit genommen hast. Immerhin seid Ihr Jungs doch gerade sehr beschäftigt. Euer neues Album ist gerade veröffentlicht worden – übrigens als ich das erste Mal reingehört habe war ich mehr als überwältigt. Ich dachte das kann unmöglich von Menschenhand gemacht sein – das müssen Maschinen erschaffen haben. Gratulation an dieser Stelle. Das ist wirklich ein großer Schritt nach vorne. Was sind Eure Gedanken über die neue CD?


Wir sind sehr glücklich mit dem neuen Album. Auch wenn es natürlich sehr lange gedauert hat, dass wir mit einem neuen Longplayer an den Start kommen. Immerhin sind seit der Veröffentlichung von "Chaosphere" mittlerweile vier Jahre vergangen. Im Januar diesen Jahres haben wir dann endlich mit den Arbeiten zu "Nothing" begonnen und in unseren Augen ist es ein sehr gutes Album geworden.


Wie gestalteten sich die Aufnahmen? Wo habt ihr aufgenommen, wer hat produziert?

Nun, wir haben das Album in insgesamt drei Studios aufgenommen. Die Drums wurden in den Dug Out-Studios aufgenommen. Gitarre und Bass haben wir in den Area 51-Studios eingespielt un sind im Anschluss in unser Studio in Stockholm gegangen um dort die Vocals und das Mischen dranzuhängen. Produziert haben wir dieses Mal selber. Es war ein langer Prozess doch am Ende hat es sich gelohnt.


Wie schafft Ihr es eigentlich immer wieder solche Songs zu schreiben? Andere Bands würden wahrscheinlich verrückt bei dem Versuch so etwas zu arrangieren.

Haha. Das ist eine schwere Frage. Aber ich sehe es als eine Art natürlichen Prozess an. Vier unterschiedliche Typen treffen sich um Musik zu machen und der MESHUGGAH typische Sound ist das Endprodukt. Wir tragen die Ideen zusammen und spielen sie einander vor. Ich glaube jede Band macht das so. Auf jeden Fall schrauben wir dann so lange an den Songs bis wir endlich damit zufrieden sind. Und das ist genau unsere Absicht. Wir wollen das Beste aus uns rausholen. Es sollen Songs bzw. Alben entstehen, die wir uns persönlich kaufen würden bzw. Die wir bei gute Metal Alben/ Songs erwarten würden.


Viele Kritiker behaupten immer wieder, dass Ihr die wildesten Takte spielt. Kannst Du uns über das Takt-Wunder von MESHUGGAH aufklären?


Nun ja es ist schwer das zu beschreiben. Um ehrlich zu sein spielen wir eigentlich nur einen simplen 4/4 Takt wie er auch in jeder Rocknummer vorkommen könnte. Wir spielen sie nur in unterschiedlichen Mustern. Irgendwann läuft dann wieder alles zusammen. Ergo es klingt an manchen Stellen sehr schräg aber irgendwann löst sich der Takt auch wieder auf. Das ist eigentlich das ganze Geheimnis. (Lacht)


Ist es denn eigentlich ein MUSS, dass MESHUGGAH immer solch komplexes Songmaterial schreibt? Man könnte meinen ihr wollt Eure Songs davor bewahren jemals gecovered zu werden.


Wie vorhin schon gesagt. Wir sind vier unterschiedliche Charaktere. Nichts ist beabsichtigt. Das nächste Album könnte auch aus kompakten, straighten Songs bestehen, auch wenn ich das nicht glaube. Es ist keine Absicht. Es ist einfach der MESHUGGAH Fingerabdruck.


Welche Art von Musik/ Bands hört Ihr Euch persönlich an – z.B. um zu entspannen, abzuschalten oder Euch zu inspirieren?


Nun ja! Beginnen wir doch mal mit dem Inspirieren. Um ehrlich zu sein inspirieren wir uns gegenseitig. Wir hören uns gegenseitig unsere Aufnahmen an. Jeder von uns hat unterschiedliche Ansichten von Musik und so können wir alle voneinander lernen. Zum Entspannen haben wir schon seit einiger Zeit, vor allem auf Tour, eine Band namens SQUAREPUSHER im CD-Player laufen. Das ist ein Kumpel des APHEX TWIN Bassisten. Er macht ziemlich abgedrehte Sounds. Teils elektronisch, teils krank. Auf jeden Fall eine Art von Musik die Du wahrscheinlich nie auf MTV oder Ähnlichem sehen wirst. Hör doch mal rein. Ich bin mir sicher es wird Dir gefallen.


Ich habe ein paar der Songs auf "Nothing" meinen Freunden und Kollegen vorgespielt. Fast alle haben Euch sofort erkannt und der Großteil war mal wieder sprachlos – aber es gab auch Stimmen, dass es sich hierbei um die gleiche „Kiste“ wie schon auf "Chaosphere" und "Destroy, Erase, Improve" handelt. Gibt es irgendetwas das Du diesen Leuten sagen willst?


Oh mein Gott! Das kann gar nicht sein. "Nothing" ist komplett anders als alles was wir bisher gemacht haben. Allein die Tatsache, dass wir dieses Mal achtsaitige Gitarren verwendet haben. Das gibt den Songs einen komplett anderen Sound. Früher haben wir immer Power-Akkorde gespielt. Mit den acht Saiten ist es wie mit einem Bass. Du spielst nur die einzelnen Saiten. Darüber hinaus kann ich nur sagen, dass unser letzter Output "Chaosphere" ein viel schnelleres und aggressiveres Album war. Auf "Nothing" findest Du viel mehr Dynamik. Ich glaube es ist notwendig sich das Album öfters anzuhören. Erst dann wird man verstehen worum es geht. Auch wenn natürlich am Ende immer der persönliche Geschmack eine wesentliche Rolle spielt.


Letztes Jahr habt Ihr Eur Debut "Rare Trax" wieder veröffentlicht. Wie haben die Leute darauf reagiert – kam’s gut an?


Ja! Es kam sehr gut an! Es war eine Möglichkeit die Zeit zum neuen Album zu überbrücken. Natürlich war das nichts für MESHUGGAH Neulinge. Immerhin sind einige der Songs von 1989 und wir haben uns seitdem extrem weiterentwickelt. Aber die Fans waren glücklich darüber die frühen Tage der Band kennenzulernen. In sofern bin ich mit der Resonanz sehr zufrieden.


Soeben habt Ihr die Ozzfest Tour beendet. Was ist das für ein Gefühl Teil von einer solch großen Sache zu sei? Immerhin habt Ihr ja mit solchen Größen wie BLACK LABEL SOCIETY, DOWN und natürlich dem Prince of Darkness persönlich OZZY OSBOURNE gespielt.


Es ist ein stranges aber auch sehr spezielles Gefühl vor so viel Leuten zu spielen. Das liegt zum einen daran, dass das Ozzfest ein tourendes Festival ist. Bei uns in Europa gibt es so etwas nicht. Hier sind alle Festivals statisch, also an einem Platz. Das Ozzfest ist jeden Tag in einer anderen Stadt. Es ist eine gänzlich neue Erfahrung und man braucht schon eine Woche um sich da einzuleben. Aber dann macht es sehr viel Spaß. Im Grunde genommen kommt man sich vor wie in einer großen Familie. Die Stimmung ist sehr herzlich und man wird überall gleichermaßen nett aufgenommen.


Trotz allem müsst Ihr glücklich sein jetzt mal ein paar Tage frei zu haben?


Oh! Und wie! Zweieinhalb Monate touren in den USA und dann auch noch in der Sommerhitze. Das ist schon sehr anstrengend. Deswegen fahren wir auch jetzt gerade einen Gang langsamer bevor es wieder an’s Proben geht.


Ich habe gehört, dass Ozzy’s Sohn, Jack Osbourne, persönlich wollte, dass Ihr der Tour beitretet. Kanntet Ihr Ihn schon vor dem Ozzfest?


Nein kurioser Weise nicht. Aber wie Du wahrscheinlich erfahren hast werden wir TOOL auf ihrer kommenden US Tour begleiten. Jack und Maynard, der Sänger von TOOL, sind in engem Kontakt (Jack ist riesiger TOOL Fan). Und da hat sich das wohl so ergeben. Er war es auch der unsere Platte in der MTV Serie "The Osbournes" augelegt hat um seine Nachbarn ruhig zu stellen. Am Ende geht immer alles über Beziehungen.


Ja ja! “The Osbournes”! Wo wir gerade bei dem Thema sind – Hast Du schon die Single "Papa Don’t Preach" von Jack’s Schwester Kelly gehört? Was denkst Du darüber?


Puh! Um ehrlich zu sein möchte ich dazu nicht wirklich etwas sagen. Leider habe ich auch noch nicht das Video gesehen – es soll ziemlich abgefahren sein. Aber bis dahin erspare ich mir den Kommentar.


Auftritte zu spielen ist eine sehr anstrengende Sache, die einen manchmal an seine Grenzen bringt. Habt Ihr während der Tour die Möglichkeit gehabt mal abzuschalten und ein wenig zu entspannen?


Ja! Natürlich! Anders hälst Du das Chaos ja nicht aus! ;-)


Gab es irgendwelche Bands, die Euch am Ozzfest am besten gefallen haben?


Ich war sehr überrascht von SYSTEM OF A DOWN. Sie haben eine unglaubliche Live Show auf dem Ozzfest hingelegt. Insgesamt ist es so, dass man sich auf Tour sehr intensiv mit anderen Bands beschäftigen kann. Es muss ja nicht zwingend sein, dass Du beim ersten Auftritt sofort ein Fankreis wirst aber auf Dauer erkennt man die Botschaft und es beginnt zu gefallen. Natürlich war auch OZZY sehr nett anzuschauen – obwohl er sehr „müde“ geworden ist. Gut gefallen haben mir auch DOWN. Vor allem natürlich wegen Phil Anselmo. Es ist eine wahre Pracht im bei der Interaktion mit dem Publikum zu beobachten.


Während der Tour gab es einen tragischen Vorfall. Dave Williams, Sänger von DROWNING POOL, wurde tot in seinem Tourbus aufgefunden. Was habt Ihr in dem Moment gefühlt als Ihr von dem Tot erfahren habt? Wie waren die Reaktionen der anderen Bands?


Natürlich waren wir alle geschockt. Am Anfang konnten wir es gar nicht überreissen. Doch irgendwann stellt sich ein komisches Gefühl ein, das Dich dazu zwingt einen Gang langsamer zu schalten und Deine Lebensweise zu überdenken. Schockierend war auch die verbliebenen Mitglieder von DRWONING POOL zu sehen. Sie kamen voller Elan auf das Festival und waren nach dem Vorfall mehr als geknickt.


Noch mal kurz auf TOOL zurück! Wie vorhin schon angesprochen begebt Ihr Euch jetzt mit Ihnen ein weiteres Mal auf US Tournee. Wie kam es dazu?


Wir hatten das Glück ein Angebot vom TOOL Management zu bekommen. Nach dem wir schon im letzten Herbst eine Anfrage erhielten – aber damals im Studio waren gab’s natürlich dieses Mal nur eine Antwort! Zusagen!!! Wir sind sehr stolz, dass uns TOOL dazu ausgewählt haben sie auf ihrer Tour zu begleiten. Sie sind alle fantastische Musiker und obendrein noch sehr nette Persönlichekeite. Es ist wie ein Traum.


Wenn Ihr so viel durch die Staten zieht ist es doch wahrscheinlich bald mal soweit auch dort rüber zu ziehen. Gibt’s dafür irgendwelche Pläne?


Hell no!


Das erste und leider einzige Mal, dass ich Euch live gesehen habe liegt schon Jahre zurück. Damals habt Ihr zusammen mit MARY BEATS JANE die Bay Area Thrasher von MACHINE HEAD auf ihrer ersten Headliner-Tour begleitet. Wenn ich mich recht erinnere standen die Leute im Publikum damals nur perplex vor der Bühne und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ist das in den Staten genauso?


Nein! Das mag aber auch daran liegen, dass wir in den Staaten etwas bekannter sind und dort auch mehr Platten verkauft haben. Die Leute kommen teilweise nur wegen uns zu den Konzerten. Und genau diese Kids steigern sich so in unsere Musik, dass sie die anderen Leute mit ihrer Begeisterung anstecken. Wenn die Amis Eins verstehen, dann ist es Ausflippen!


Was sind Eure Pläne für die Zukunft?


Um ehrlich zu sein haben wir uns bis jetzt noch keine wirklichen Gedanken gemacht. Als nächstes steht erst mal die Tour mit TOOL an und danach – mmmh – wahrscheinlich Urlaub und dann Weihnachten mit unseren Familien. Aber was danach kommt – wir lassen es auf uns zukommen. Doch könnte es gut passieren, dass wir nächstes Jahr mal wieder in Europa auf Tour gehen. Ich würde mich freuen.


Vielen Dank für das Interview. Hat wirklich Spass gemacht – gibt’s irgendwelche letzten Worte?


Das mag jetzt blöd klingen – aber: „Hört Euch unsere neue Platte an“!;-)

www.meshuggah.net

Autor: Malte

Weitere Beiträge von Malte


Zurück

Beitrag vom 22.09.2002
War dieses Interview
interessant?

76 Stimme(n)
Durchschnitt: 3.76

Diesen Beitrag bewerten:
  
Diesen Beitrag per E - Mail verschicken:
An:
Von:
Kommentar: