Interview mit THE 69 EYES - Zurück in die Achtziger


Die finnische Band begründete mit ihrem ersten internationalen Release "Wasting The Dawn", und ihrer einzigartigen Mischung aus der Melancholie des Gothic Rock und ihrer Rock'n'Roll Vergangenheit, den Begriff Goth'n'Roll. Darauf folgten Charthits, speziell in Finnland, mit den Singles "Gothic Girl" und "Brandon Lee" und den darauf folgenden Album "Blessed Be". Von ihrer Plattenfirma wurden sie fortan als der Missing Link zwischen THE CULT und TYPE O NEGATIVE bezeichnet.
Den Sommer über spielten sie, mit ihrem aktuellen Album "Paris Kills" im Gepäck, auf den größten europäischen Festivals und im Herbst geht es auf große Europa Club Tour welche sie auch wieder nach Wien führen wird.



Ist es für finnische Bands wirklich so einfach in die nationalen Charts zu kommen?

Das liegt wohl daran, dass wir schon von klein auf nichts anderes als Rockmusik hören. Rockbands sind in Finnland einfach sehr beliebt und Rockplatten schaffen es stets an die Chartspitze. Besonders diese melodische, melancholische Musik wie NIGHTWISH, SENTENCED und auch wir sie machen, kommt bei den Finnen sehr gut an. Ein anderer Grund ist wahrscheinlich, dass Finnen nicht tanzen können. Es gibt bei uns keine Szene für R’n’B und auch Dance Music ist nur spärlich verbreitet und Techno und Drum’n’bass sind nicht so bedeutend.

Woher kommt die Inspiration für eure Songs?

Ich wohne zwar direkt im Zentrum Helsinkis, aber dennoch bin ich viel in der Natur. Ich liebe es alleine bei den Seen zu wandern und herumzufahren und ferne Länder zu bereisen. Deshalb würde ich neben Natur und Einsamkeit auch noch Reisen zu den Haupteinflüssen zählen. Das ganze dann noch kombiniert mit den Tagesgeschehen und Kinofilmen und Büchern ergibt das Package das THE 69 EYES ausmacht.

Ihr habt eigentlich als eine Sleaze Rockband begonnen und seid dann immer mehr Richtung Gothic Rock abgedriftet…

Seid unserer Kindheit mochten wir schon Vampire und Horrorfilme und Bands wie THE CULT, THE RAMONES, THE STOOGES, GUNS ´N ROSES und wollten rocken wie diese Bands. Aber andererseits war ich schon immer fasziniert von den SISTERS OF MERCY. Ihre geheimnisvolle Art und das Image von Andrew Eldritch den man nie ohne Sonnenbrille sah. Für uns war es natürlich auch ein langer Weg bis wir zu dem wurden was wir jetzt darstellen. Meine Stimme hat sich ebenfalls vom damaligen Punkgegreische zu der dunklen Stimme von heute weiterentwickelt. In den frühen 90ern waren wir Stockholmer Bands wie den BACKYARD BABIES nahe. Wir machten die gleiche Musik und spielten in ähnlichen Clubs. Irgendwann gingen wir dann in verschiedene Richtungen. Sie nahmen den Punk Weg, wir den Dark Rock. Wir als Finnen haben einfach unsere melancholische Art gefördert die wir ohnehin im Blut haben.
Es ist eine lange Zeit vergangen aber mir kommt es trotzdem erst wie gestern vor. Es ist momentan eine super Zeit die wir durchmachen. Der Mainstream Erfolg, die Gold und Platin Auszeichnungen und die aktuellen Festivals quer durch Europa. Heute geht es uns gut. Die Vergangenheit war auch cool. Aber es hat sich alles, basierend auf die Freude und den Wunsch in einer Rockband zu sein, weiter entwickelt.


Und wohin wird diese Entwicklung für das nächste Album führen?

Zurück in die 80er. In „Paris Kills“ haben wir eine Menge 80ies Pop Elemente. Das nächste Album wird mehr 80er Rock’n’Roll.

Aber doch mit den dunklen, melancholischen Elementen, oder?

Ja natürlich. Da stecken wir einfach drin. Früher, zu „Wasting the Dawn“ und „Blessed be“ Zeiten hatte man noch andere Bands hernehmen müssen um unseren Stil zu beschreiben. Seit „Paris Kills“ kann man nur noch von uns sprechen. Wir haben unseren eigenen Stil gefunden.

Laut Plattenfirma seit ihr der Missing Link zwischen THE CULT und TYPE O NEGATIVE.

Ja, diesen Vergleich hat sich die Plattenfirma einfallen lassen, da es der einfachste Weg war um uns zu beschreiben. Oder man Verglich uns mit HIM, einer weiteren sehr erfolgreichen Band aus Finnland, ja sogar aus der gleichen Stadt.

Stört es dich eigentlich mit Bands wie HIM oder ENTWINE in eine Schublade gesteckt zu werden?

Es ist schon irgendwie cool mit diesen Bands verglichen zu werden. Ich möchte nur nicht mir der gesamten Skandinavischen Musikszene auf eine Ebene gestellt werden, die von ZEROMANCER bis zu ENTOMBED reicht. Denn wenn man es genauer betrachtet gibt es schon eine Abgrenzung zwischen finnischer, schwedischer und norwegischer Musik. Mir ist aufgefallen, dass es etwa fünf Bands aus Finnland gibt die sich zwar alle sehr ähnlich anhören aber hier bei euch die Szene definieren, ohne dass ihr etwas davon merkt.




Die Stadt Paris scheint einen bleibenden Eindruck bei dir hinterlassen zu haben. Was gefällt dir so an Paris?

Paris ist ein Platz wo ich einige Freunde habe und abhänge. Es ist die Heimat der Moderne und der Romantik und nebenbei eine der glamourösesten Städte der Welt. Es sind viele berühmte Leute dort begraben und die Todesstimmung schwebt förmlich in der Luft und das inspiriert mich sehr. Außerdem gingen viele berühmte Finnische Maler und Komponisten des 19. Jahrhunderts auch nach Paris, daher ist es nicht allzu ungewöhnlich, dass auch mal ein Gothic wie ich den Reiz dieser Stadt entdeckt. Ich wollte diese Inspiration für das Album einfangen und verarbeiten. Das hat funktioniert, aber mittlerweile beginne ich die Stadt schon wieder langweilig zu finden.

Was weißt du über die Wiener Gothic Szene?

Eigentlich überhaupt nichts. Ich habe aber schon viel von der Party und der Gothic Szene erzählt bekommen. Momentan fühle ich mich sehr schlecht, weil wir leider nicht die Möglichkeit haben uns diese schöne Stadt anzuschauen. Vielleicht findet sich ja im Zuge der „Paris Kills“ Tour Zeit dafür, denn da kommen wir auch ganz sicher nach Wien.

Was fasziniert dich so an der Gothic Szene?

Die Gothic Szene ist etwas das mich nie langweilen wird. Es ist überall auf der Welt das gleiche. Das ist wie wenn du zum Mc Donalds gehst. Du weißt ganz genau was dich erwartet wie die Leute aussehen und welche Musik gespielt wird. Es ist auch ganz egal ob du hässlich oder schön bist. Jeder kann sich zeigen wie es ihm gefällt und es sieht trotzdem immer gut aus. Man kann eigentlich nichts falsch machen. Außerdem ist die Gothic Szene wie ein Rollenspiel. Dort genießt du deine dunklen Momente und gehst dann wieder weg um dein Leben weiter zu führen. Das fasziniert nicht. Sicher gibt es auch langweilige Dinge, aber dafür gibt es dann die 69 EYES. Wir wecken die toten Goths wieder auf und treten den langweilern in den Arsch. Wir wollen den Sex, das Abenteuer und den Rock ´n Roll zurück in die Gothic Szene bringen.

Wie kam eigentlich der Kontakt zu Ville Valo zustande?

Als ich einmal im größten Rock Club Finnlands auflegte kam dieser Junge Bursche daher knallte mir seine EP („His Infernal Majesty“) auf den Tisch und meinte, wenn wir mal jemanden für Back Vocals bräuchten sollen wir uns bei ihm melden, er würde die gerne übernehmen. Für die „Wasting the Dawn“ Aufnahmen suchten wir jemanden für Backvocals und es kam wie es kommen musste, wir wurden Freunde. Ich mag seine frische Art, seinen Gesang, seine Ideen seine Ratschläge. Aber das wirklich coole daran ist: einen Freund zu haben, dessen Band deine Lieblingsband ist.

Bei den Aufnahmen zu „Paris Kills“ wurde euch das Equipment gestohlen…

… ja, das war eine wirklich furchtbare Sache. Zum damaligen Zeitpunkt wussten wir nicht ob die Musik noch da war oder auch gestohlen wurde. Wir haben immerhin ein halbes Jahr an der Platte gearbeitet! Aber es gab ein Happy End und es ist schön jetzt hier zu sein und das Album herausgebracht zu haben.

Noch eine letzte Frage: Bekommt ihr, als einziger Gothic Rock Act, auch genug Unterstützung von eurer Plattenfirma Roadrunner?

Ja, die sind perfekt. Die können viele verschiedene Geschmäcker bedienen, denn neben uns gibt es noch SLIPKNOT und NICKELBACK. Unser Vorteil ist, wenn etwa von NICKELBACK eine neue Single veröffentlicht wird, dass auch gleich darauf geachtet wird auch eine 69 EYES Single mit zu verschicken.


Am Ende des Gesprächs macht Jyrki noch auf etwas aufmerksam:
Wir haben nun die ganze Zeit über Gothic Rock und die Gothic Szene gesprochen, aber wir wollen nicht nur auf eine Szene reduziert werden, denn das ist langweilig. Ich respektiere und liebe die Szene, jedoch in Finnland sind wir eine typische Mainstream Band. Wir sind nicht Teil von nur einer Szene. Es ist wie im Film Blade: Wir sind wie die Daywalker der Gothic Szene. Wir fürchten uns nicht vor dem Sonnenlicht. Wir haben nur Sonnenbrillen auf. Das ist alles.


www.pariskills.com

Autor: Stiga

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Beitrag vom 22.09.2002
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