Interview mit DAYLIGHT TORN - Melancholisches aus dem Salzkammergut


DAYLIGHT TORN aus Oberösterreich veröffentlichten vor einiger Zeit auf CCP Rec. ein bemerkenswertes Album namens „New Skin“, das nicht nur mit glänzenden Kompositionen aufwarten kann, sondern auch einer musikalischen Neuorientierung gleichkommt. Meinen Frage stellte sich Gitarrist und Songwriter Chris Kössler.

Lasst uns kurz Eure Vergangenheit beleuchten! Wie fing damals alles an? Begonnen hat die Bandgeschichte ja meines Wissens noch unter dem alten Namen AVALON. Warum kam es später zur Umbenennung?

Von ca. 1995 bis 1999 spielten wir unter dem Namen AVALON - die in dieser Zeit entstanden Produktionen waren vorwiegend selbst finanziert und mangels Vetriebskontakte nur für unsere Fans, den Verkauf bei Konzerten und die regionalen Shops gedacht. Mit der Vertragsunterzeichnung bei CCP-Records (1999) mussten wir uns der Problematik stellen, dass es damals schon eine wahrscheinlich bekanntere (Münchner) Band mit dem Namen AVALON gab. Um Probleme und eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden, haben wir uns zum Namenswechsel entschlossen.

DAYLIHT TORN ist ja auch ein Songtitel von PARADISE LOST (“Shades of God”). Ich wage zu behaupten, dass man stellenweise bei so manchem Eurer Songs auch heute noch minimale PARADISE LOST-Einflüsse heraushören kann. Würdet Ihr dem zustimmen? Welche Bands zählen generell zu Euren allergrößten Faves/(Ex-)Vorbildern?

Wenn du das erste Album meinst, dann sicher. Bei "New Skin", denke ich, haben wir uns schon weiter von den superben Briten entfernt. Anfänglich haben wir uns, und das gebe ich ohne schlechtes Gewissen zu, an Größen wie P. L. (aber auch an anderen wie z. B. TIAMAT oder ANATHEMA) orientiert, wohlgemerkt aber nicht bedient. Auf Grund des einstigen Zwiegesangs wurden wir damals gerne auch mit THEATRE OF TRAGEDY in einen Topf geschmissen. Inzwischen denke ich, haben wir längst zu unserem eigenen Stil gefunden. Dieser sollte im kommenden Album noch intensiver raus kommen.
Faves: siehe oben plus viele andere Songs aus der Düsterecke, aber auch fetziger Gitarrenrock oder Ambient, Trip Hop,......Wonach es mich/uns halt gerade gelüstet!


T.H.: Meines Erachtens stellt das Album „Death alone from life can save“ nicht Eure erste Veröffentlichung überhaupt dar. Welche Releases gingen diesem Werk zuvor, und kann man diese mit der späteren musikalischen Entwicklung der Band annähernd vergleichen?

Da liegst du richtig. Unsere erste Full-Lengt-CD haben wir unter dem Namen "Eden is so far" als AVALON selbst produziert. Die Soundqualität ist leider auf Grund eines ziemlich miesen Studiotechnikers eher miserabel (lange Geschichte) - die Songs machten aber CCP Records auf uns aufmerksam, worauf wir Teile dieses Albums plus neue Songs nochmals recordeten - daraus wurde "Death alone......"

Im Jahre 1999 erschien via CCP Rec. das bereits erwähnte Debutalbum „Death alone from life can save“. Wie steht Ihr heute zu diesem Werk, das insgesamt weitgehend härter und auch genretypischer als sein Nachfolger klingt?

Dieses Album stellt ein ziemlich exaktes Spiegelbild unseres damaligen "Daseins" dar. Irgendwie ist es bei allen Bandmembers zu dieser Zeit echt schlecht gelaufen, ich glaube das hört man...... So gesehen stehen wir auch noch heute, trotz aller, mit gewissem Abstand hörbaren Mängel, voll zu diesem Werk. Ich persönlich hoffe eigentlich nicht auf eine Wiederholung der damaligen Stimmungslage. "New Skin" ist dann unter wesentlich relaxteren persönlichen Vorzeichen entstanden. Dennoch schwebt über dem ganzen Werk noch die typisch melancholische Grundstimmung, (die hatten wir schon immer, wahrscheinlich weil es bei uns in den Salzkammergut-Bergen so viel regnet!!!) die unseren Stil charakterisiert und so sicher auch in Zukunft noch eine wesentliche Dominanz innehaben wird.

Überraschte Euch die Resonanz der Presse auf Euer Erstlingswerk eigentlich? Immerhin wart Ihr daraufhin auch mit einem Interview im (Metal-) Hammer vertreten, obwohl Ihr bis zu diesem Zeitpunk international relativ unbekannt wart.

Wir waren total happy und freuten uns, dass jahrelanges Darben und Nicht-Aufgeben mit dieser Anerkennung belohnt wurde. Gleichzeitig sagten wir uns, dass wir uns damit natürlich nicht zufrieden geben wollten.

Im letzten Jahr kam mit „New Skin“ Euer 2. Longplayer auf den Markt, der teils eine musikalische Neuorientierung mit sich brachte. Meiner Meinung nach ein wirklich gelungenes Album, das die Klasse des Erstlings locker überflügelt. Seid Ihr vollends zufrieden mit Eurem aktuellen Werk?

Danke für das Kompliment. Mir gefällts mit einem Jahr Abstand noch immer sehr gut, obwohl die neuen Songs immer die besten sind - und davon gibt’s schon einige! Aber man kann immer noch besser werden!!

Ich habe die musikalischen Veränderung bereits angesprochen. Ihr habt Euch großteils von den gängigen Gothic Metal-Klischees verabschiedet, und Euch auf die Suche nach Eurem eigenen Stil begeben. Geschah dies alles bewusst, oder agiert Ihr beim Komponieren derart emotioal, dass es sich einfach zwangsläufig aus der damaligen Grundstimmung heraus ergeben hat?

Die Veränderung geschah einerseits unbewusst und von selbst- (Grundstimmung!), andererseits sehr bewusst, weil wir die doch schon etwas ausgelatschten Pfade des reinen Gothic verlassen wollten und uns außerdem Sänger Max verlassen hatte. So wollten wir die Stimme von Sängerin Mea in den Vordergrund stellen ohne nach z. B. THEATRE OF TRAGEDY zu klingen.

Wie gestaltet sich generell das Songwriting bei Euch? Wie viel Zeit nahm es für „New Skin“ in Anspruch?

Die meisten musikalischen Ideen stammen von mir, Mea steuert etliche Texte bei, bei den Probesessions wird dann gemeinsam an den Arrangements gefeilt. Ad New Skin: EWIG!! Und ein Jahr. Als uns Sänger Max verließ, hatten wir etliche Songs ( wie auf "Death..") auf ihn zugeschnitten. Um dies auf Mea zu ändern, kostete uns viel Zeit und Nerven.

Beim Betrachten der Booklets Eurer beiden CDs ist mir besonders aufgefallen, dass Ihr scheinbar prinzipiell auf gewöhnliche Bandfotos verzichtet, sondern auf künstlerisch anspruchsvolle Bilder setzt, wobei die einzelnen Bandmitglieder quasi „verpackt“ wurden, und so ein äußerst ästhetisches Gesamtkunstwerk ergeben. Ist das ein besonderes Faible von Euch, oder steckt mehr dahinter? (Etwa eine in diese Richtung gehende Ausbildung eines Mitglieds.)

Da Sängerin Mea bildende Künstlerin und Fotografin ist, legt sie (aber auch wir) sehr viel Wert auf künstlerische Gestaltung ("New Skin" hat sie konzipiert!)
Verpackung 1: "Death Alone..."... Der Zerfall, Verwesung, Elend
Verpackung 2: "New Skin".......Die Band ist in eine neue befreiende Hülle/Haut geschlüpft
(Wird sie freuen, dass du das richtig erkannt hast!)


Eure Songs wirken allesamt ziemlich melancholisch. Würdet Ihr euch selbst als eher melancholische/pessimistische Persönlichkeiten bezeichnen? Oder wird dieser Eindruck nur geweckt, weil Ihr die Musik eben zur Verarbeitung von negativen Erlebnissen/Gedanken etc. ausnutzt?

Melancholie muss nicht unbedingt mit Pessimismus einher gehen, aber wenn sich beide treffen, dann kann schnell Depression draus werden. Man höre Album Nr 1. Zweiterem Satz können wir unbedingt zustimmen. Melancholie ist irgendwie eine Lebensphilosophie, denn melancholische Momente machen eigentlich nicht traurig, sondern vermitteln ein Gefühl der Ruhe und Geborgenheit.

Wann ist in naher Zukunft wieder mit Gigs von Euch zu rechnen? Allzu oft tretet Ihr ja nicht auf.

Da sprichst du ein sehr ärgerliches Thema an. Mit unseren Schlagzeugern haben wir nämlich schon fast traditionell unsere Probleme. Und nachdem uns Gunnar nach dem letzten Gig völlig überraschend verlassen hat, sind wir derzeit wieder auf der Suche. Glaub mir, ich würde am liebsten 250 Tage im Jahr auf der Bühne stehen....
Deshalb konzentrieren wir uns derzeit auf die neuen Songs und ich habe gelernt Drums zu programmieren.

FALLS DU EINEN VERLÄSSLICHEN TYPEN KENNST......schick mir getrost seine Nummer, Adresse!


Ihr kommt ja aus dem wunderschönen Salzkammergut. Wie ist es um die dortig Metal- bzw. Rockszene bestellt? Mir persönlich fallen (neben Euch) mit THE PANACEA, KURORT aus Bad Ischl sowie natürlich GUANAKO aus Ebensee aus dem Stehgreif nur drei bekannte Bands aus Eurer näheren Umgebung ein.

Kennst dich ja ziemlich gut aus! Dem ist nichts hinzuzufügen, außer, dass es früher schon mal viel lebendiger zuging...aber ohne Proberäume....

Wie steht Ihr allgemein zur österreichischen Musikszene?

Auf unserem Sektor ziemlich tote Hose - ist eigentlich schade, dass eine Kulturnation wie Österreich nichts besseres als den ÖTZI in die Welt schickt. Aber bei uns lautet halt die Devise: "Ja nix riskieren, dann können wir auch nix verlieren!" So macht man keine Band groß

Wie lauten Eure Pläne für die Zukunft?

Neues Album im Herbst, neuer Drummer damit wir vielleicht auch diesen Sommer noch was tun können, neue Konzerte, neue Hoffnung auf den Hit......


www.ccprecords.com

Autor: Hutti

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Beitrag vom 03.09.2002
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