Interview mit DESOLAT - Alte, grießgrämige Anarcho-Punks


Erst vor ein paar Jahren aus der Asche von CYRUSS entstanden, wollen DESOLAT mit ihren ersten EPs zeigen, wie kaputt "die österreichische Seele" ist, das aber mit einem Augenzwinkern und Repsekt vor der Musik. Wir sprachen mit der Truppe über ihre Entstehung, der aktuellen Situation und warfen auch einen Blick in die Zukunft der Wiener.


Hi Alfred, wie läuft es gerade bei DESOLAT? Arbeitet ihr schon an weiterem Material?


Wir haben soeben schon wieder ein Album aufgenommen. Es ist grad im Mix. Und könnte vermutlich im Frühsommer veröffentlicht werden. Wir wollen aber warten, bis es die Coronasituation erlaubt, dies mit ein paar würdigen Releasekonzerten zu begleiten. Also schauma mal.




DESOLAT wurde 2018 als Nachfolgeband von CYRUSS gegründet. Die Truppe wurde aber bereits 2009 zu Grabe getragen. Wie kam es also dazu, dass man nach so langer Zeit ein Nachfolgeprojekt startet?


Offiziell aufgelöst haben wir uns nie, aber halt keinen Schlagzeuger gefunden, der uns gepasst hätte. Muss aber zugeben, unsere Bemühungen waren minimalst, also war eh die Luft heraussen. Jedenfalls, eine unserer ganz großen Impulsgeber für CYRUSS war die Band BONGZILLA aus Wisconsin / USA. Diese waren ab 2007 zwar nicht aufgelöst, aber auch verschwunden. 2017 waren sie plötzlich wieder da und ein Konzert in der Arena in Wien angekündigt. Mit denen zu spielen war definitiv ein noch fehlender Punkt auf meiner persönlichen To-Do-Liste und so hab ich dafür die alte Truppe zusammengetrommelt. Es hat mir extrem Spaß gemacht. CYRUSS danach weiter zu machen ging sich aber nicht aus, für den Stoner Rock-Anteil in der Musik dieser Band hatten sich unsere musikalischen Vorlieben inzwischen zu sehr verändert.


War auch im Gespräch wieder als CYRUSS weiter zu machen?


Nicht wirklich glaub ich. Ich hab dann die Nachfolgeband in leicht verändertem Line-Up und mit leicht verändertem Konzept ins Leben gerufen. Also weiterhin Sludge und Metal, aber Stoner Rock raus, Noise-Rock & Punk rein. Zum Eingrooven der Besetzung haben wir aber CYRUSS Songs und sogar noch 4 Konzerte unter dem Namen gespielt. Danach war Schluss und DESOLAT da. Coronalangeweilebedingt arbeite ich aktuell tatsächlich mit wiederum leicht anderem Line-Up an einer neuen CYRUSS Ep mit fünf Songs von damals, die wir aber nie aufgenommen haben. Wenn das alles passt, werden wir mit diesem Line-Up sicher das eine oder andere Konzert spielen. Aber keinesfalls eine ernsthafte Fortführung der Band.


Wenn man sich eure Texte und Artworks ansieht, dann habt ihr offensichtlich ein mehr oder weniger loses Konzept. Was wollt ihr mit DESOLAT ausdrücken?


Diese ersten zwei EPs vermittelten wohl das Konzept einer bissigen aber auch nicht bierernsten Beschäftigung mit dem, das man gemeinhin „die österreichische Seele“ nennt. Gerade die erste EP war stark von der LP „Es ist ein gutes Land“ von Helmut Qualtinger und Peter Turrini beeinflußt. Damit ist aber vorerst Schluss. Wir haben kein zwingendes Konzept. Fix ist, dass wir nicht mit allzu großer Ernsthaftigkeit an die Sachen herangehen.


Habt ihr das Material vor dem ganzen Virus-Wahnsinn auch live präsentiert bzw. Pläne für danach die Bühnen damit zu betreten?


Unsere erste EP haben wir Ende Februar 2020 live im EKH präsentiert, ein Glück, kurz danach wurde zugedreht. Bei der zweiten Ep hatten wir dann das Glück mit dem Release grad in das sommerliche bzw. frühherbstliche Loch zu fallen, in dem Konzerte unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich waren. Die Arena Wien hatte da mit ihrem Open-Air-Bereich die besten Möglichkeiten und war dankenswerterweise auch sehr aktiv und so konnten wir die Platte Anfang Oktober dort live präsentieren. Sonst ging aber gar nichts und natürlich hätten wir gern ein bißchen mehr gemacht.


Können wir als nächstes also mit einem Full-Length Album rechnen oder weiterhin mit kleinen Happen als EPs?


Ein Album ist im Wesentlichen schon wieder fertig. Sobald wieder Konzerte möglich sind und wir die Platte würdig, also live präsentieren können, werden wir das machen!




Die beiden EPs gehen vom Sound her schon stark auseinander. Während “Shareholder Of Shit” noch recht undergroundig rumpelt, ist “Songs Of Love In The Age Of Agony” schon verdammt druckvoll und erinnert dank Dan Swanö etwas an schwedischen Death Metal von der Produktion her. Wie kommt dieser Unterschied?


Die erste EP haben wir im Prinzip selber aufgenommen. Ein grundsätzlich sehr fähiger Freund hat sie gemischt, er kommt aber aus der Elektronik-Ecke und harte Gitarren sind nicht seine Domäne. Die zweite Ep haben wir mit Rainer Spänle im COSMIX Studio aufgenommen, er ist DER Mann meines Vertrauens wenn‘s um harte Musik geht, beide CYRUSS Alben wurden mit ihm aufgenommen und gemischt (damals noch FASTFORWARD Studio). Dan Swanö hat gemastert.


Und wie seid ihr auf Dan gekommen und wie war es mit ihm zu arbeiten?


Er ist der zweitgrößte Held des Tonwesens im Swedish Death Metal. Und da Swedish Death Metal ein Baustein der Musik von DESOLAT ist und ich für eine Gitarre auch diesen typischen Sound verwende, war er eine logische Wahl. Er macht aber nur das Mastering. Er ist extrem schnell, verblüffend gut und treffsicher, super fit und nett in der Kommunikation und verlangt auch keine astronomischen Preise. Ich hab ihn aber nie persönlich kennen gelernt, es geht alles online.


Die EPs erschienen via dem hauseigenen Label Bloodshed666 – möchtest du dazu etwas erzählen?


Das ist halt mein Label. Seit ich Platten mit meinen Bands veröffentliche, ist es das Vehikel dafür. Gelegentlich habe ich auch geholfen Platten von Freunden (mit)zuveröffentlichen. Seit letztem Jahr bin ich auch Teil eines Shopkollektivs in der Westbahnstraße 25 in Wien. Dort kann man also auch alles von uns direkt kaufen.


Gibt es Songs oder Texte die euch besonders am Herzen liegen und möchtet ihr dazu etwas näher ins Detail gehen?


Eigentlich nicht. Es ist nicht über die Maßen wichtig. Sie müssen sich nur so weit ausgehen, dass man sie veröffentlichen könnte. Tun wir aber nicht. Natürlich sind wir alte, grießgrämige Anarcho-Punks, das spiegelt sich schon wieder.


Was waren bisher eure größten Highlights in der kurzen Karriere mit DESOLAT – und gab es auch bereits erwähnenswerte Tiefpunkte?


Na ja, es gibt uns seit Sommer 2018 und wir haben ganze drei Konzerte gespielt und jetzt haben wir ein Jahr Corona. Die Ereignisse unseres bisherigen Daseins sind äußerst überschaubar, und das ist fast noch immer übertrieben. Dass wir angesichts dieser Minimalaktivität bereits zwei 5-Song-Eps draussen und ein Album so gut wie fertig haben, ist beachtlich und schon ganz cool. Wir proben ja nicht mal, sondern treffen uns nur alle paar Monate für ein Wochenende zum Songs jammen.


Wärt ihr gezwungen den Sound von DESOLAT in einem Satz zu präzisieren – wie sehe der aus?


Noise-Rock, Sludge, Swedish Death Metal, Crust, Punk.




Ihr seid ja auch alle noch in anderen Bands tätig, wie sehen da die Prioritäten aus?


Ich spiele bei PHAL:ANGST, das ist meine einzige „richtige“ Band, also mit wöchentlichen Proben, regelmäßigen Releases und dem Wunsch Konzerte zu spielen. Wir arbeiten gerade an einem neuen Album, welches sich coronabedingt eh schon massiv zieht. Ansonsten spiel ich noch als BEAUTY LIES Folkmusik, das war bislang aber nur ein gelegentlicher Livespaß. Meine alten Bands E.M.S. und CYRUSS sind theoretisch, minimal und anlassbezogen aktiv. Klaus (Bass) spielt bei DIM PROSPECTS und das ist auch eine „richtige“ und auch richtig gute (Punk-)Band. Die haben bereits ein Album, eine 7“, eine Split-7“ und zuletzt eine Split-LP mit FLOWERS IN CONCRETE auf NOISE APPEAL RECORDS veröffentlicht und wollen live spielen. Geht halt grad nicht. Und Mentl (Drums) spielt bei GFRAST (Tekkno-Crust), FACE THE OWL (Stoner-Doom-Power-Duo) und SPECTRAL FIRE (Posthardcore) und immer wieder diversen Bands, ich bin mir was da den Überblick angeht nicht 100% sicher, alles mehr oder weniger richtige Bands mit Releases, die natürlich alle aufs live spielen warten.


Ich danke für die Zeit, gibt es noch etwas zu sagen?


Danke, dass du ein Interview mit uns gemacht hast, freut mich!



desolatvienna.bandcamp.com

Autor: maxomer

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Beitrag vom 31.03.2021
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