Interview mit ELVENPATH - Die weltweite Metalgemeinschaft
ELVENPATH stehen seit jeher für waschechten Heavy/True/Power Metal mit passenden Fantasy-Themen. Mit der neuen EP "Metal O´Clock" brechen die Deutschen mal dezent aus dem Korsett aus und blödeln, zumindest was Artwork und Titel betrifft, auch mal rum. Musikalisch gibt es hier aber weiterhin hochqualitative Kost, die einfach stilistisch nicht ganz so zum letzten Album passte. Wie und warum diese EP entstanden ist, erzählte uns einmal mehr der sympathische Gitarrist und Mastermind Till Oberboßel im Gespräch. Hi Till, wie läuft es bei euch in diesen Zeiten?Hallo Max, alles ok hier, vielen Dank. Wir haben Corona alle gesund überstanden und mussten auch keine wirtschaftlichen Einbußen hinnehmen. Aber natürlich sind viele Konzerte weggefallen, was sich vermutlich auch noch fortsetzen wird. Kann man nichts machen, da muss man Geduld haben. Wenigstens können wir dafür eine neue Veröffentlichung vorweisen, das ist ja auch etwas. Mit „Metal O´Clock“ habt ihr das erste Mal eine EP veröffentlicht. Wie kam es dazu?Die EP war von vornherein geplant, bevor wir das letzte Album „The Path Of The Dark King“ aufgenommen haben. Wir hatten mehr Material, als auf ein Album gepasst hätte, außerdem wollten wir von vornherein zwei verschiedene Versionen von „One Strong Voice“ veröffentlichen. Daher haben wir beschlossen, den ganzen Haufen Songs auf einmal aufzunehmen und dann ein Jahr nach dem Album noch eine EP herauszubringen.Mit fast 40 Minuten, davon das meiste bisher unveröffentlicht, hättet ihr ja mit etwas mehr Material auf ein Album „warten“ können?Mit dem Gedanken haben wir auch gespielt, zumal wir noch einen weiteren Song aufgenommen haben, der noch nicht veröffentlicht ist. Der soll auf eine Split kommen. Aber wir wollten die vielsprachige Version von „One Strong Voice“ gerne in den Mittelpunkt stellen, daher schien uns eine EP am besten geeignet, zumal der Song ja nicht komplett neu ist, sondern nur eine alternative Version der bereits bekannten Fassung.„One Strong Voice“ ist ja, wie du bereits erwähnt hast, kein neuer Song, wurde aber mit zahlreichen Gästen neu aufgenommen, sodass der Song eine wirklich starke Botschaft mitbringt. Wie kam diese Idee?Wir haben den Song nicht komplett neu aufgenommen, lediglich der Gesang in den verschiedenen Sprachen ist neu. Alles andere blieb gleich, da wir ja die EP gleichzeitig mit dem Album aufgenommen haben.
Diese vielsprachige Version war von vornherein geplant und auch der Hauptgrund, den Song überhaupt erst zu schreiben. Der Gedanke war, einen Song über die weltweite Metalgemeinschaft zu schreiben und das durch zahlreiche Gastsänger, die alle etwas in ihrer Muttersprache beisteuern, auszudrücken. So etwas hat meines Wissens noch keine andere Band gemacht. Natürlich gab es auch schon vorher Songs mit Gastsängern, um diesen Schulterschluss der Szene zu symbolisieren, z.B. „Metal Through The Time“ von DEMONA oder „Metalized Blood“ von DESASTER. Aber das war halt immer alles auf Englisch. Durch diese vielsprachige Komponente wird der Gedanke viel besser ausgedrückt, finde ich.
Aber live kann man sowas unserem Sänger Dragutin ja nicht zumuten. Wenn der arme Kerl elf Sprachen hintereinander singen muss, ist er ja noch vor dem zweiten Refrain dem Nervenzusammenbruch nahe, haha. Daher haben wir auch eine rein englische Version aufgenommen, die eben die Version ist, die es auch live zu hören gibt. Wobei ich es großartig fände, wenn wir die multilinguale Version mit allen Gastsängern mal live spielen könnten – aber das dürfte nur sehr schwer umzusetzen sein, da sich die Leute ja über halb Europa verteilen.„Cathedral Of The Earth“ ist mit mehr als 17 Minuten euer bisher längster Song. Wie ist das Teil entstanden und wie herausfordernd sind für euch solche Epen?Lange Songs sind ja alles andere als ungewöhnlich bei uns, diesmal haben wir aber tatsächlich einen neuen Bandrekord aufgestellt. Geplant war das nicht – ich schreibe immer an einem Song, bis ich ihn als optimal erachte, und diesmal ist er eben sehr lang geworden. Was ich bei „Cathedral Of The Earth” aber bewusst wollte, ist dieser atmosphärische Mittelteil. Ich bin in den letzten Jahren verstärkt Richtungen wie Post Rock und Blackgaze anheimgefallen, das hat mich da ziemlich beeinflusst und ich wollte mal solch einen Part bei Elvenpath einbauen. Das war insofern schon eine Herausforderung, das mit einem epischen Power Metal-Song zu verbinden und schlüssig klingen zu lassen. Ich finde, das Ergebnis ist gelungen.Mit dem Titel und dem Artwork geht ihr erstmals von typischen Fantasy-Themen etwas weg und rückt den Metal selbst weiter in den Fokus. Wolltet ihr die EP da bewusst von den Alben abgrenzen?Die EP gab uns die Möglichkeit, mal etwas mehr Klamauk einzubauen, da wir halt auch ziemliche Kasperköppe sind. Haben wir ja textlich in der Vergangenheit auch schon gemacht, aber diesmal hat das auch Titel und Cover erfasst. Wobei es gar nicht darum ging, den Metal in den Fokus zu rücken… das machen wir musikalisch schon zur Genüge, hehe. Wir fanden einfach den Titel „Metal O´Clock“ cool, der hat auch keine tiefsinnige Bedeutung, das heißt einfach nur: „Jetzt ist es Zeit für Metal“, klingt so aber natürlich um einiges besser. Und dazu passte dann ein Comic-haftes Bild im Stil der alten TANKARD-Cover. Für unseren Stammzeichner Markus Vesper war das eine gewisse Herausforderung, da er sowas bislang kaum gemacht hat, aber er hat wie immer hervorragende Arbeit geleistet.
Die EP unterscheidet sich also auch in optischer Hinsicht von den Alben. Humoriges Cover, keine Fotosession, keine umfassende Dankesliste, stattdessen eine Sammlung von Fotos aus unserem Archiv. Das war schon ein bewusster Unterschied zum üblichen optischen Aufbau eines Albums.Neben den Gastsängern habt ihr auch noch eine Violinistin und eine Harfenspielerin auf eurem Album, wie seit ihr auf die Idee gekommen, diese Instrumente in euren Sound einzubinden und wie war es mit den Damen zu arbeiten?Ganz so neu ist das ja nicht bei uns. Fanny Herbst hat mit ihrem Harfenspiel bereits die beiden letzten Alben verzaubert und uns immer dergestalt beeindruckt, dass wir sie einfach erneut dabeihaben mussten. Eine Geige haben wir auch bereits beim letzten Album eingesetzt, allerdings hat sie diesmal einen prominenteren Platz bekommen.
Wir mögen es, derartige Instrumente einzusetzen, unseren Sound damit ein wenig anzureichern und dadurch Atmosphäre zu schaffen. Die Instrumente stehen ja auch nicht so im Vordergrund, wie es z.B. beim Folk Metal der Fall ist. Aber sie erweitern und bereichern unsere Musik, das möchte ich auch nicht missen. Fanny und Nadaprem kommen beide nicht aus dem Metalbereich, haben aber verstanden, wie sie ihre Instrumente bei uns einsetzen können, daher bin ich sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit.Wie kam es, dass EP und Album vom Sound her doch deutlich anders klingen, obwohl ACCEPT und Ex-GRAVE DIGGER Gitarrist Uwe Lulis beide Scheiben produziert hat?Die Aufnahmen liefen wie gesagt in einem Rutsch, die EP wurde aber gesondert gemischt. Uwe war mit einigen Details des Albummixes nicht so glücklich (im Gegensatz zu uns; wir waren sehr zufrieden) und hat daher für die EP einen anderen Mix angelegt. Den mochten wir wiederum auch sehr gerne, haha. So klingen beide Mixe unterschiedlich, ich würde allerdings keinem den Vorzug geben. Im Endeffekt muss die Band ja mit dem Endergebnis zufrieden nach Hause gehen können, da kann es dann halt schon mal sein, daß der Mix schließlich anders klingt, als ihn der Produzent gemacht hat/hätte. Geschmäcker sind eben unterschiedlich. Wenn der Produzent kein Diktator ist (solche Exemplare gibt es natürlich auch), wird er auch auf die Wünsche der Band eingehen und mit den Musikern zusammen einen Sound erarbeiten, der von allen befürwortet wird. Nach den Aufnahmen haben euch gleich zwei Mitglieder verlassen. War das schon vorher klar und warum ist er überhaupt gegangen?Manuel (Drums) und auch Oli (Gitarre) sind beide Ende des Jahres ausgestiegen. Manuel befand sich in einer stressigen Lebenssituation, die ihm wenig Platz und Kraft für die Musik gelassen hat. Beruflicher Stress, gesundheitliche Schwierigkeiten… er fühlte sich einfach nicht mehr fit genug, um bei ELVENPATH zu spielen. Und Oli wollte nach zehn Jahren Power Metal mal etwas anderes machen und hatte die Lust an der Band verloren. Beide Ausstiege waren nicht länger vorher klar und haben uns auch betrübt. Die EP ist somit auch ein Abschied von den beiden geworden, obwohl das nicht geplant war.Nachfolger sind schon nominiert. Gab es schon eine Feuerprobe oder ist da die aktuelle Situation dazwischengekommen?Unser neuer Drummer Eric hat im letzten Jahr schon bei einigen Gigs ausgeholfen, als Manuel verletzungsbedingt pausieren mußte. Daher kannten wir uns musikalisch und persönlich schon recht gut und er war auch der erste Schlagzeuger, den wir nach Manuels Ausstieg angesprochen haben. Wir haben also keine anderen Kandidaten vorspielen lassen. Und unser neuer Mann an den sechs Saiten ist Dimis Savvopoulos, den haben wir auf einer Musikerplattform im Internet aufgegabelt. Wir sind sehr froh, dass wir jetzt wieder eine starke Besetzung zusammen haben und es macht großen Spaß, mit den beiden neuen Mitgliedern zusammen zu spielen. Bislang sind wir dieses Jahr aber noch nicht aus dem Proberaum rausgekommen. Mal sehen, wann Corona uns das erlaubt.Im Booklet findet man einige Facebook-Zitate eurer Fans sowie viele Fotos, eine coole Idee, wie war es das Ganze zusammenzustellen?Die Screenshots aus dem Internet sind von diversen Leuten, aber bestimmt nicht von unseren Fans, haha. Das passt zum humoristischen Konzept der EP. Viele Bands packen ja gerne begeisterte Kritiken und Fankommentare in ihre Booklets, um zu zeigen, wie geil sie doch sind. Wir wollten das einfach auf die Schippe nehmen und haben im Gegenteil diverse Schmähreden über uns aus dem Internet veröffentlicht. Ich sammle sowas immer, und da heutzutage gerne aller mögliche Müll im Schutz der Anonymität ins Internet gespien wird, geht einem das Material da auch nicht aus. Die Fotos stammen aus unserem Fundus, den wir über die letzten sechs bis sieben Jahre angesammelt haben. Da kann man so ein wenig Revue passieren lassen, in welchen Ländern wir uns als Band schon herumgetrieben haben. Aufgrund des Besetzungswechsels kann man das optisch auch als Ende einer Ära und Neubeginn sehen.Nutzt ihr nun die Lockdowns und generellen Einschränkungen, um euch mehr mit Musikschreiben und dergleichen zu beschäftigen, oder hat sich dahingehend bei euch nicht wirklich etwas verändert? Mangels Konzerten bleibt einem natürlich nicht viel, was man als Band derzeit machen könnte. Irgendwelche Proberaumstreams oder dergleichen lehnen wir ab – ein Livekonzert ist ein Livekonzert und nicht durch sowas zu ersetzen. Wer ELVENPATH zu Hause live sehen will, dem empfehle ich unsere „Elvenfest“-DVD, welche auch letztes Jahr erschienen ist.
Da wir ja zwei neue Mitglieder haben, konzentrieren wir uns momentan darauf, einen guten Teil der bislang veröffentlichten Songs einzuproben und als Liveband weiter zusammenzuwachsen. Und dann wird es auch an neue Stücke gehen, aber das hat aus meiner Sicht noch Zeit.Gibt es Live-Pläne für nächstes Jahr, wenn sich da hoffentlich wieder einiges normalisiert?Momentan steht noch ein Termin für 2020, der noch nicht abgesagt wurde, das ist das Into Battle Festival in Griechenland im Dezember. Ich hoffe, daß das nicht auch noch dem Virus zum Opfer fällt. Nächstes Jahr wird es dann aber hoffentlich auch wieder Konzerte geben, wobei bislang noch nicht viel bestätigt ist. Im Mai werden wir, so Corona will, auf dem Metal Gods Festival in Berlin sowie auf dem Open Hair Festival in Liechtenstein spielen, ansonsten gibt es diverse Pläne, u.a. eine kleine Deutschlandtour mit drei anderen Bands im Herbst. Es wird sicherlich noch das eine oder andere dazukommen, aber momentan ist natürlich jeder Termin mit einem Fragezeichen versehen. Wir sind zwar keine professionelle Band und nicht auf Einnahmen durch Konzerte angewiesen, aber die Auftritte, der Spaß auf der Bühne und der Kontakt zu den Fans fehlen uns wirklich sehr. Möge 2021 in dieser Hinsicht besser werden als 2020.Danke für deine Zeit! Möchtest du noch etwas loswerden?Vielen Dank für das kontinuierliches Interesse an ELVENPATH und die Unterstützung! Ich hoffe, die Fans können sich mit unserer neuen EP ein wenig über die Konzertflaute hinwegtrösten. Des Weiteren haltet bitte die Augen nach zwei kommenden Veröffentlichungen offen: Zum einen wird irgendwann dieses Jahr voraussichtlich noch die bereits erwähnte Split-Single mit einer anderen Band herauskommen, zum anderen steht das dritte Album meines anderen Projekts LUCID DREAMING in den Startlöchern. Da warten wir nur noch aufs Cover, dann kann auch da die Veröffentlichung (voraussichtlich Herbst) anvisiert werden. Bleibt gesund, bleibt stählern, wir sehen uns hoffentlich nächstes Jahr wieder beim einen oder anderen Konzert. We will meet where the metal is! elvenpath.com
Autor:
maxomer Weitere Beiträge von maxomer
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