Interview mit CELLAR DARLING - Manchmal muss man auf die Schnauze fallen und etwas riskieren


Anna Murphy verzauberte viele Jahre das Publikum zusammen mit ELUVEITIE. Seit einer Weile widmet sich die Schweizerin jedoch ihrem eigenen Projekt CELLAR DARLING, wo der zweite Longplayer „The Spell“ in den Startlöchern steht. Wir hatten die Gelegenheit, mit Anna über CELLAR DARLING und diese neue Platte, ihre Gründe für den Ausstieg bei ELUVEITIE und ihre Perspektiven als Musikerin zu sprechen, und alle Fragen wurden in einem sehr netten Gespräch ausführlich beantwortet.



Hallo! Ich freue mich sehr über die Gelegenheit mit dir zu sprechen! Wie geht es dir?


Mir geht’s gut, danke!




Erst einmal eine Frage zu deinem Ausstieg bei ELUVEITIE! Warum hast du dich dazu entschlossen?


Das hatte verschiedene Gründe. Der Auslöser war ein persönlicher. ELUVEITIE hat sich entschieden, sich von Merlin Sutter zu trennen, das ist unser Drummer, und dieser Ausschluss war etwas kompliziert, weil ich dazu nicht befragt wurde, was ich davon halte, und ich fand das nach zehn Jahren gemeinsam Musik machen sehr schwierig, dass solche Entscheidungen ohne mich getroffen werden. Und ich hab mich deshalb dazu entschlossen, meinem Freund zur Seite zu stehen, und die Band mit ihm zu verlassen. Wir waren einfach sehr gut befreundet. Ich bin ein sehr loyaler Mensch, ebenso unser Gitarrist Ivo Henzi, der auch dann mit uns ausgestiegen ist. Irgendwann muss man einfach Risiken eingehen, wenn auch viele negative Sachen dabei sind. Es war halt schon super mit ELUVEITIE auch Geld verdienen zu können und davon zu leben. Jetzt wieder von vorne anzufangen ist hart, aber es macht auch Spaß. Ich denke, manchmal muss man auf die Schnauze fallen und man zieht letztendlich doch Vorteile daraus.


Du warst ja auch immer in anderen Projekten wie FRÄKMÜNDT aktiv. Wie geht es damit weiter und gibt es eventuell einmal die Möglichkeit, diese Band live zu sehen?


Diese Band gibt es noch. Wir sind bei Prophecy unter Vertrag, was wir noch immer überraschend finden, dass die noch Geduld mit uns haben, weil wir ein bisschen langsam sind. Momentan arbeiten wir an einem neuen Album, aber wie gesagt sehr langsam. Ich hab halt meine Prioritäten mit anderen Bands und meiner Studioarbeit, und die anderen in der Band haben alle richtige Jobs, deswegen wird es auch sehr schwierig sein, live zu spielen, aber wie heißt es so schön: „Sag niemals nie“. Aber ich denke, beim nächsten Album, das wird noch einmal ein Studioprojekt sein, und dann schauen wir weiter.


Wie ist der Bandname CELLAR DARLING entstanden? Übersetzt würde das ja „Keller-Liebling“ heißen?


Genau! Ursprünglich kommt das von meinem Solo-Album. Dieses heißt „Cellar Darling“. Mir gefallen diese beiden Worte und wir fanden das auch einen tollen Bandnamen. Es war nicht die erste Option die wir hatten. Wir hatten verschiedenste Ideen, wir hatten eine Liste, und uns ist es dann auch aufgefallen, wie schwierig es ist, einen neuen Bandnamen zu finden. Das ist wirklich eine ziemliche Herausforderung. Wir sind dann einfach immer wieder bei CELLAR DARLING hängengeblieben. Es hat sich auch zu einer Bedeutung entwickelt. „Keller-Liebling“ ist symbolisch für die Kreativität die einfach jahrelang ein bisschen unterdrückt wurde, weil es keinen Platz und keine Zeit gab, diese zu verwirklichen, und diese Ideen werden jetzt aus dem Keller geholt und sehen das Tageslicht. Das ist so ein bisschen die Bedeutung. Und ich finde auch, dass die beiden Worte kombiniert sehr gut beschreiben wie wir klingen. CELLAR ist etwas sehr Dunkles und DARLING ist etwas Liebliches, Schönes, und ich finde diese beiden Worte kombiniert ergeben unseren Sound.


Wie war das Echo auf das Debut-Album „This Is The Sound“?


Das war eigentlich sehr gut. Man muss es sich so vorstellen, wenn man ein ganz neues Projekt anfängt, und ein bisschen einen eigenen Sound kreiert, dann weiß man nicht, was man dann erwarten kann, wie die Leute drauf reagieren. Man kann eigentlich nur machen und dann schauen was passiert. Das haben wir so gemacht, wir haben einfach drauflos komponiert, und dann mal geschaut, was passiert, und das war wirklich nur positiv. Dass man dann gleich ein Label wie Nuclear Blast kriegt, das ist schon unglaublich. Und dass wir dann auch so viel touren konnten. Wir sind mehr als zufrieden.


Ich hab euch 2018 beim Feel The Noise in der Steiermark auf der Bühne erlebt. Wie waren eure Live-Erfahrungen?


Das war natürlich sehr speziell dort, wir haben da eigentlich ziemlich gar nicht reingepasst, aber das war umso cooler, auch eine Herausforderung. Wir hatten schon ein bisschen Schiss, weil ich glaube, dass es das metallischte Festival war, bei dem wir gespielt hatten. Ich fand es trotzdem ganz cool. Ich finde live ist immer irgendein Erlebnis und man kann auch manchmal wirklich nicht sagen, was war eine gute Show und was nicht. Manchmal lernt man auch wieder dazu. Manchmal ist das Publikum Hammer aber man hat sich selbst nicht so richtig gespürt, das kann immer total unterschiedlich sein. Ich fand die Show ganz okay.


Welches Konzert war euer Highlight?


Das ist immer so schwierig. Wir haben natürlich ganz viele schöne Konzerte erleben dürfen, aber was mir jetzt gerade so ins Hirn springt ist das Prog Power USA. Das war einfach ein großartiges Erlebnis, vor allem für mich. Ich bin nicht so ein Festival-Fan, mir ist das immer ein bisschen zu hektisch und zu laut. Ich mag so persönliche, kleine Club-Shows, bei denen man so ein familiäres Gefühl hat. Festivals bringen so eine gewisse Kälte mit sich, und deshalb hab ich oft ein wenig Mühe, das zu genießen. Beim Prog Power hab ich mich so dermaßen wohl gefühlt auf der Bühne, das war für mich so ein Durchbruchs-Erlebnis.


Nun zum neuen Album „The Spell“ – auf den ersten Blick fallen die sehr kurzen Songtitel auf, immer nur ein Wort! Warum habt ihr das so gemacht?


Das war einfach von Anfang an so ein bisschen das Konzept. Es ist auch ein Konzept-Album. Es ist eigentlich eine Geschichte die sich durch das Album durchzieht, und ich fand das mit diesen Ein-Wort-Songtiteln sehr passend, sehr prägnant. Und vor allem ging es uns darum, dass wir bei jedem Wort, bei jedem Kapitel quasi, dass wir die Musik so schreiben, dass es nach dem klingt. Also wenn wir zum Beispiel an „Burn“ gearbeitet haben, dann wollten wir, dass wir so schreiben, dass die Musik nach Feuer klingt. Die Tracklist war schon da bevor wir die Musik geschrieben haben. Das war ein sehr spezieller und auch kreativer Prozess.




Auch die Reihenfolge der ersten drei Titel verwirrt: Zuerst der Schmerz, dann der Tod und danach die Liebe! Meist ist es ja doch ein bisschen anders?


Ja, diese Geschichte entspricht nicht wirklich der Realität. Wir befinden uns da in einem völlig anderen Universum. Aber ich denke, wenn man sich mit der Geschichte befasst, dann wird einem klar, wieso das so ist.


Was ist die Geschichte hinter diesem Album?


Ich bin eher Fan davon, wenn die Musik für sich selber spricht, wenn es keine Anleitung oder irgendwelcher biografischen Erklärungen bedarf. Aber ganz kurz gefasst geht es um ein Mädchen, welches aus dem Schmerz der Welt geboren wird. Wir fügen der Erde tagtäglich viele Schmerzen zu, und die Erde rächt sich mit einem Kind, welches seine Narben nach außen trägt. Und so irrt dieses Mädchen in der Welt umher und sucht seinen Platz. Immer so ein bisschen vom Schmerz getrieben. Und eines Tages erblickt dieses Mädchen den Tod. Der Tod nimmt eine Form an, er ist ein Charakter in unserer Geschichte, und sie verliebt sich in den Tod. Der belegt dieses Mädchen jedoch mit einem Fluch des ewigen Lebens wodurch sie ihn nie wieder sehen wird. Sie weiß das aber nicht, und versucht auf viele verschiedene Weisen zum Tod zu gelangen, schafft es aber nie. Das ist so die zentrale Handlung der Geschichte.


Wie lange daran gearbeitet, und waren alle drei daran beteiligt?


Wir haben so ein Jahr daran gearbeitet und beteiligt sind wir alle. Wir sind so ein bisschen eine klassische Rockband die zusammen viel schreibt. Auch im Proberaum oder spontan im Studio, aber die beiden Haupt-Songwriter sind ich und Ivo, unser Gitarrist. Es kommt immer entweder ein Song von ihm oder von mir, und dann arbeiten wir den gemeinsam in der Band aus.


Du spielst ja Drehleier! Wann hast du damit begonnen und wie schwierig ist es, dieses Instrument zu erlernen?


Es ist halt ein sehr spezielles Instrument. Ich hatte nicht sehr viel Zeit es zu lernen, weil ich gerade bei ELUVEITIE dann angefangen habe. Insgesamt hab ich drei Monate gelernt, und dann musste ich ein bisschen indem ich ihre Songs gelernt habe, hab ich gelernt richtig zu spielen. Ich war damals 16 und ich hab mich sofort in dieses Instrument verliebt. Ich hab das mal live gesehen und fand es ganz spannend. Ich mag komische Sachen und so hat es dann angefangen.


Wie lange hält so ein Instrument und die wievielte besitzt du schon?


Also man muss schon aufpassen, dass man es nicht kaputt macht, weil die sind wirklich teuer. Ich besitze mittlerweile meine vierte, davon ist eine eine elektrische Drehleier, die benutze ich einfach für Live-Konzerte, weil das ein bisschen einfacher ist.


Du bist eine Musikerin, die wahnsinnig sympathisch herüberkommt und auch immer auf die Fans zugeht. Wie wichtig ist dir der Kontakt zu euren Zuhörern?


Mir ist es eigentlich sehr wichtig. Ich finde, vor allem im heutigen Zeitalter, wo es einfach so viele Bands gibt, und der Markt so groß ist, da finde ich es extrem wichtig, dass man in Kontakt ist mit den Fans, und auch nach den Konzerten, dass man sich noch unterhält, das finde ich etwas sehr Schönes. Ich bin nicht immer in der psychischen Verfassung dazu, das ist manchmal schwierig. Die Menschen vergessen oft, dass man wie jeder einfach seine Launen und Emotionen hat, und es manchmal schwierig ist, die auszuschalten, aber ich lege sehr Wert darauf, dass ich einfach nett bin zu den Leuten, denn ich bin nicht besser oder schlechter als irgendjemand anderes. Ich bin halt auch nur ein Mensch und ich finde es schön, das den Menschen zu zeigen, und nicht zu arrogant zu wirken, was sowieso nicht zu mir passt. Ich glaube, die Leute schätzen das, wenn man nicht so tut, als wäre man irgendein abstrakter Charakter.


Ist eigentlich nach dem Release eine längere Tour geplant, und wo wird euch die hinführen?


Wir sind momentan in der Planungsphase, auch wenn es ein bisschen spät dafür ist. Im März gehen wir nach UK und machen da eine kleine Headline-Tour. Dann haben wir ein paar einzelne Shows, und alles was danach passiert ist noch gar nicht bestätigt. Was natürlich schön wäre, das wäre ein Support-Slot für uns, und wenn das nicht passiert, dann werden wir bestimmt eine eigene Tour planen.


In welchen Ländern tretet ihr eigentlich am liebsten auf, bzw. wo wurdet ihr am herzlichsten aufgenommen?


Grundsätzlich treten wir eigentlich überall gerne auf. Es ist so schwierig sich zu entscheiden. Was aber wirklich auffallend gut war, war wirklich UK. Da sind wir mit dem letzten Album getourt und die Reaktionen haben uns ein bisschen überrumpelt, denn wir haben ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass wir dort so gut ankommen. Das hat schon jetzt einen sehr speziellen Platz in unseren Herzen eingenommen. Deswegen gehen wir auch mit dem neuen Album wieder zuerst dort hin.


Und welche Bühnen würdet ihr gerne noch erobern?


Wo wir noch nicht gespielt haben. Was sehr toll wäre, wäre einmal in den Norden gehen, da haben wir mit CELLAR DARLING noch nicht gespielt, aber wir haben natürlich das große Glück, dass wir schon einiges abgedeckt haben, das ist auch nicht selbstverständlich für so eine neue Band. Ich wünschte mir auch sehr, wir könnten mal in Island spielen, weil wir da mit ELUVEITIE nie gespielt haben. Ich glaube, es ist auch saumäßig schwierig, irgendwie da hinzukommen. Aber ich liebe einfach dieses Land sehr und habe dort so viele gute Freunde. Ich würde mich total freuen, wenn das irgendwann mal klappen würde.


Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?


Ich lebe sehr im Jetzt. Ich finde, man kann auch nur bis zu einem gewissen Grad die Zukunft planen, weil man weiß eh nicht was passiert. Deswegen stecke ich da nicht allzu viel Energie rein. Ich steck sehr viel Energie in das was jetzt gerade passiert, und ich hoffe einfach, dass diese Energie sich positiv auf die Zukunft auswirkt. Ich will einfach persönlich besser und besser werden und mehr Instrumente spielen und Musik schreiben, dadurch natürlich auch mehr Konzerte geben, und ich denke, dass die von der Band es sehr ähnlich sehen. Ich hoffe, dass uns die Kreativität nie verlässt, dass wir immer wieder neue Ideen haben, was wir schreiben könnten. Oder Geschichten und Konzepte entwickeln usw.




Und zum Abschluss bitte noch ein paar Worte an eure Fans?


Wie immer, wir sind unglaublich dankbar um jeden der uns hört, der sich mit unseren Geschichten auseinandersetzt. Das ist etwas unglaublich Wertvolles. Wir zeigen uns unglaublich dankbar, indem wir neue Musik schreiben, und man kann natürlich uns immer auch anschreiben. Wir antworten praktisch immer auf Facebook und auf E-Mails. Also vielen Dank!


Ich danke dir für dieses Interview und wünsche euch weiterhin viel Erfolg!



www.cellardarling.com

Autor: Metalmama

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Beitrag vom 20.02.2019
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